Managen per Mausklick

An der FHS St.Gallen stellen die Studierenden des Executive MBA und des MAS in Business Administration ihre Fähigkeiten und Kompetenzen in einem Management-Planspiel unter Beweis. Ziel ist es, in Kleingruppen ein fiktives Unternehmen möglichst erfolgreich zu führen.

Die COPYFIX AG, Herstellerin des hochwertigen Farbkopierers «COPY Classic», befindet sich in einer turbulenten Phase. Wie den Wirtschaftsnachrichten zu entnehmen ist, muss der alte Vorstand trotz stimmiger Geschäftsergebnisse das Feld räumen, weil er dem Aufsichtsrat keine zufriedenstellende Strategie für ein langfristiges, nachhaltiges Wachstum des Unternehmens präsentieren konnte. Nun sollen die Studierenden des Executive MBA und des MAS in Business Administration an der FHS St.Gallen die Geschicke der COPYFIX AG lenken.

Echtsituationen in risikofreier Umgebung

Ein unternehmerisches Risiko gehen sie dabei nicht ein, zumindest nicht im wahren Geschäftsleben. Denn die Firma ist fiktiv, genau wie die Berichterstattung zur Auflösung des Vorstands. Allerdings stellt die COPYFIX AG ein durchaus realistisches Modell eines Industrieunternehmens dar und bildet als solches die Grundlage des computergestützten Management-Planspiels «TOPSIM – General Management».  Die Spielerinnen und Spieler simulieren damit unternehmerische Entscheidungen und Handlungen und erfahren deren Auswirkungen praxisnah. Komplexe Zusammenhänge werden erlebbar.

«Das Planspiel ermöglicht, den Stoff des Lehrgangs in simulierte Echtsituationen zu integrieren und vernetzt anzuwenden.»

Andreas Löhrer, Programmleiter
Executive MBA und MAS in Business Adminstration

An der FHS St.Gallen erfüllt das Planspiel zweierlei Funktionen: Es gilt als Leistungsnachweis und dient der thematischen Zusammenfassung des Lerninhalts aus dem CAS Integriertes Management, den die Studierenden des Executive MBA und des MAS in Business Administration absolvieren. Andreas Löhrer, Leiter der beiden Programme, sagt: «Das Planspiel ermöglicht, den Stoff des Lehrgangs in simulierte Echtsituationen zu integrieren und vernetzt anzuwenden.»

Kostenvorsprung oder Einzigartigkeit

Die Studierenden begeben sich in Dreier- oder Viererteams ins Spiel. Jede Gruppe bildet eine Geschäftsleitung. Im Idealfall übernimmt jedes Teammitglied eine bestimmte Funktion, sei es jene des CEO, des CFO oder des Vertriebsleiters. Das Ziel besteht darin, die COPYFIX AG möglichst erfolgreich weiterzuführen. Dabei stehen die Teams in gegenseitiger Konkurrenz zueinander. Die Ausgangslage ist jedoch für alle Gruppen identisch: So starten sie beispielsweise mit derselben Anzahl an Mitarbeitenden und Fertigungsanlagen und verfügen über die gleiche Bonitätsbewertung der Hausbank.  Allerdings werden ihnen unterschiedliche Strategien zugeteilt, an denen es die unternehmerischen Entscheide auszurichten gilt: entweder die Strategie «Kostenführerschaft» oder die Strategie «Differenzierung durch Qualitätsführerschaft». Je nachdem müssen die Teams also durch Kostenvorsprung oder durch Einzigartigkeit punkten.

Vernetztes Denken ist gefragt

Das Management-Planspiel dauert inklusive Einführung mit Proberunde zweieinhalb Tage. Es ist in acht Perioden eingeteilt, die für acht Jahre im Leben des Unternehmens stehen. Die Studierenden finden im Spiel sechs Unternehmensbereiche vor: Dazu gehören die Abteilungen «Vertrieb», «Forschung & Entwicklung», «Einkauf», «Produktion», «Personal» sowie «Finanz- und Rechnungswesen». Die Aufgabe besteht darin, unternehmerische Situationen zu analysieren und zu beurteilen. Darauf abgestützt fällt das Team die notwendigen Entscheidungen. Dabei geht es um Fragen wie «Soll der Personalbestand abgebaut oder ausgebaut werden?», «Lohnt sich die Ausdehnungen auf neue Märkte?», «Soll die Produktionskapazität mit zusätzliche Fertigungsmaschinen oder mit Überstunden erreicht werden?» oder «Welcher Marketingmix ist am wirkungsvollsten?» Gefragt ist ein vernetztes, systemisches Denken – die Fähigkeit, die Auswirkungen des eigenen unternehmerischen Handelns abschätzen zu können. Ein Personalabbau bei der Abteilung «Forschung & Entwicklung» hätte beispielsweise einen tieferen Technologieindex und damit einen negativen Einfluss auf den Marktanteil zur Folge. Möchte man den Technologieindex hingegen hochhalten, muss man sich bewusst sein, dass dies nicht nur zu höheren Personalkosten führt, sondern auch zu zusätzlichen Kosten für die Nacharbeit, die durch die Komplexität der Geräte zunimmt. Gefragt sind durchdachte Lösungen, die zur Strategie des Unternehmens passen.

Umweltthema berücksichtigen

«Auch aktuelle Themen wie zum Beispiel die Ökologie müssen die Teilnehmenden berücksichtigen», sagt Spieltrainer Jürg Gubler, der die FHS St.Gallen bei der Durchführung des Management-Planspiels begleitet. «Die Teams können zum Beispiel spezifische Ökologie-Beratungsleistungen in Anspruch nehmen, aber diese kosten das Unternehmen Geld». Steigt durch diese Massnahme allerdings der Umweltindex, kann sich das positiv auf die Kaufentscheidung der Kundschaft auswirken und damit den Marktanteil steigern.

Als bestanden gilt der Leistungsnachweis «Management-Planspiel», wenn die «Shareholder Earnings» mindestens gleich hoch sind wie in der Ausgangssituation. Sollte dies einmal nicht der Fall sein, werden für die Teambeurteilung zusätzliche Teilleistungsnachweise herangezogen, die während des Planspiels ebenso erfüllt sein müssen. Beispielsweise Entscheidungsreflexionen oder die detaillierte Darlegung des Strategieverständnisses.

Immer einen gemeinsamen Nenner gefunden

Für EMBA-Student Marcel Baumeler war der Leistungsnachweis in Form des Management-Planspiels eine spannende Erfahrung. «Es bot sich die Möglichkeit, das erlernte Wissen nicht einfach nur wiederzugeben, sondern direkt anzuwenden», sagt er. Durch die Realitätsbezogenheit des Spiels gerate man als Team durchaus in einen gewissen Eifer, zumal – wie in der Geschäftswelt – jeder eine bestimmte Funktion innehabe und entsprechend argumentieren müsse. Er selbst war dafür zuständig, die Finanzen unter Kontrolle zu halten. «Wir führten in der Gruppe teils angeregte Diskussionen», so Marcel Baumeler. «Letztlich haben wir aber immer einen gemeinsamen Nenner gefunden, um die notwendigen Entscheidungen zu treffen.»