«Durch den Meinungsaustausch entsteht viel Mehrwert»

Vor fast 30 Jahren hat Ulrich Kohler die MettnauAkademie gegründet. Er berät Unternehmen in Sachen Personalmanagement und Organisationsentwicklung und coacht Führungskräfte, Teams sowie Einzelpersonen. Nebenbei ist der 64-Jährige als Lehrbeauftragter an mehreren Business Schools in Deutschland und der Schweiz tätig. An der FHS St.Gallen bildet er die Teilnehmenden des Executive Master in Business Administration (EMBA) im Bereich Personalmanagement weiter. Im Interview spricht er über Streckenläufe, den Wandel im Arbeitsmarkt und das Lehrambiente an der FHS St.Gallen.

Herr Kohler, Ihr Leitgedanke ist: «Wer 100 Meter laufen muss, sollte 90 als die Hälfte ansehen». Können Sie das erklären?

Wer nachhaltig etwas verändern will, braucht eine gute Kondition und darf nicht zu früh aufgeben. Erfolg ist eine flüchtige Angelegenheit.  Die 90 Meter in diesem Leitgedanken stehen für einen starken Durchhaltewillen. Der Satz stammt übrigens aus dem Roman «Brot und Spiele» von Siegfried Lenz.

Seit 1992 beraten Sie Unternehmen, unter anderem in Personalfragen. Welche Veränderungen haben Sie über die Jahre beobachten können?

Es hat ein deutlicher Wandel vom Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt stattgefunden. Arbeitnehmende sehen in ihrem Job heute nicht mehr das Ein und Alles. Dafür ist ihnen die Work-Life-Balance wichtiger geworden. Für die Unternehmen heisst das, dass sie sich zunehmend darum bemühen müssen, ihrem Personal gute Rahmenbedingungen zu bieten. Um Fachkräfte zu halten und zu gewinnen, gilt es, sich auf dem Markt als attraktive Marke zu positionieren. Das Personalmarketing ist folglich ein zentraler Teil des Personalmanagements.

Sie unterrichten Personalmanagement im Executive MAS in Business Administration an der FHS St.Gallen. Was ist das Wichtigste, das sie dabei vermitteln wollen?

Ein Fokus in meinen Kursen liegt auf der strategischen Orientierung des Personalmanagements. Ich möchte klarmachen, dass es sich beim Personalmanagement um eine unabdingbare und wichtige Fachkompetenz und um Basiswissen handelt – für alle, die in der Linienverantwortung stehen. Es muss noch mehr in die strategische Führung miteinbezogen werden.

Als Coach begleiten Sie Führungskräfte aber auch gewöhnliche Angestellte. Was brennt diesen unter den Nägeln?

Ein grosses Thema bei den Führungskräften ist, wie sie die verschiedenen Interessen und Werte der Angestellten unter einen Hut bringen können und wie sie mit Störungen und Konflikten umgehen sollen. Währenddessen suchen Angestellte oft Unterstützung bei Karriereentscheidungen. Sie wollen zum Beispiel wissen, ob sie für ihren Job die richtigen Skills mitbringen oder die Branche wechseln sollen. Allgemein wird heute viel mehr kritisch hinterfragt, ob man mit seinen Kompetenzen und seiner Ausbildung am richtigen Ort ist.

Als freiberuflicher Lehrbeauftragter sind Sie an mehreren Business Schools in Deutschland und der Schweiz unterwegs. Was finden Sie das Besondere an der FHS St.Gallen?

An der FHS St.Gallen schätze ich die interessante Mischung der Teilnehmenden. Sie arbeiten in Unternehmen unterschiedlicher Grössen und Sparten und bringen deshalb vielfältige Sichtweisen in die Weiterbildung ein. Darüber hinaus sind sie unheimlich engagiert. Bis jetzt hat jedes Mal ein einzigartiger Meinungsaustausch stattgefunden. Dadurch entsteht viel Mehrwert. Auch der Campus der FHS St.Gallen gefällt mir besonders gut. Er schafft eine schöne Lehratmosphäre.