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Kommunizieren in ausserordentlichen Situationen

Die vergangenen Monate haben es gezeigt: In Krisenzeiten ist eine klare und verständliche Kommunikation das A und O. Das gilt nicht nur für Bund und Kantone, sondern auch für Gemeinden. Denn sie haben in entsprechenden Phasen oft eine wichtige Ankerfunktion und wirken als Stabilisatoren der Gesellschaft. Herausfordernd hinzu kommt, dass digitale Plattformen und Dienstleistungen zunehmend an Relevanz gewinnen, was Knowhow in diesem Bereich voraussetzt.

Maja Pesic, Lehrgangsleiterin des CAS Digital Public Services and Communication an der FHS St.Gallen, hat für das Magazin «Schweizer Gemeinde» in fünf Tipps festgehalten, worauf es beim Kommunizieren in Krisenzeiten ankommt. Zudem kommt im Beitrag auch Marcel Kamm zu Wort. Er ist Dozent im besagten Lehrgang und verrät im Kurzinterview, was man in der Krisenkommunikation vermeiden sollte. Letztlich wird das Thema auch aus kommunaler Perspektive beleuchtet. Aurelio Zaccari, Gemeindepräsident von Waldkirch und Absolvent des CAS Digital Public Services and Communication, berichtet über die Erfahrungen seiner Gemeinde.

Hier geht es zum Beitrag.

«Die Betriebe könnten ihr Image besser vermarkten»

Digitalisierung, Globalisierung und Strukturwandel prägen die Geschäftswelt und machen die Unternehmensführung zu einer zusehends komplexen Aufgabe. Das gilt nicht nur für multinationale Konzerne, sondern auch für Schweizer KMU wie zum Beispiel Metallbearbeitungsbetriebe im St. Galler Rheintal. Mit deren Erfolgsfaktoren hat sich Mirco Haltiner, Absolvent des Executive MBA an der FHS St.Gallen, in seiner Masterarbeit auseinandergesetzt. Er ist als Chief Operating Officer bei der HEMAG Balgach AG tätig und hat Einsitz in der Geschäftsleitung dieses Rheintaler Metallbearbeitungsunternehmens. Im Interview spricht er darüber, was KMU dieser Branche nachhaltig konkurrenzfähig hält und in welchen Bereichen noch Handlungspotential vorhanden ist.

Herr Haltiner, in Ihrer Masterarbeit haben Sie die Erfolgsfaktoren von Rheintaler KMU in der Metallbearbeitungsbranche untersucht. Was hat Sie motiviert, sich diesem Thema zu widmen?

Als relativ junge Führungskraft und Mitglied der Geschäftsleitung interessierte es mich sehr, wie es andere Führungskräfte in dieser Branche geschafft haben, mit ihren Unternehmen langfristige Erfolge zu erzielen. Dies vor dem Hintergrund, dass sich die äusseren Rahmenbedingungen immer schneller ändern. Für mich stellten sich folgende strategischen Fragen: Wie können diese KMU langfristig überleben, Generationenwechsel sicherstellen, Firmenübernahmen zufriedenstellend abwickeln, den Mitarbeitenden auch in schwierigen Zeiten ein Ziel vor den Augen geben oder den Technologiewandel und die Digitalisierung erfolgreich mitgestalten? So entstand mein Forschungsprojekt zu diesem Thema.

Durch welche äusseren Einflüsse sind Führungskräfte in KMU der Metallbearbeitungsbranche in der heutigen Zeit am meisten herausgefordert?

Genau wie die Schweiz im Allgemeinen sind auch die KMU der Metallbearbeitungsbranche stark vom Export abhängig. Die globale und zunehmend volatile Wirtschaftswelt, die vom Strukturwandel und der Digitalisierung geprägt ist, bedeutet eine grosse Herausforderung. Für Unternehmen ist es deshalb essenziell, Ressourcen freizuschaufeln und zielgerichtet einzusetzen. Dies benötigt gut durchdachte Investitionen, die richtigen Pläne und das Gespür für das Machbare. Die Weiterentwicklung des eigenen Geschäftsmodells, Effizienzsteigerungen, das Antizipieren des technologischen Wandels oder die Erschliessung neuer Märkte halten KMU nachhaltig konkurrenzfähig.

Welche Bedeutung haben kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) der Metallbearbeitungsbranche für das St. Galler Rheintal und die Schweiz?

Sowohl in der Metallbearbeitungsbranche als auch in anderen Branchen bilden KMU das Rückgrat der Rheintaler und der Schweizer Wirtschaft. Ob Bäckerei, mechanische Werkstätte oder Gärtnerei: Die KMU stellen mit 99,73 Prozent aller Betriebe in der Schweiz die Mehrheit dar. Zudem generieren sie zwei Drittel aller Arbeitsplätze. Die KMU tragen somit wesentlich zur unternehmerischen Kreativität, zum Wirtschaftswachstum und zum nationalen Wohlstand bei.

Was macht den Erfolg eines Unternehmens aus und welche Erkenntnisse haben Sie diesbezüglich in Ihrer Masterarbeit gewonnen?

Es hat sich gezeigt, dass ein sehr starker und positiv gerichteter Zusammenhang zwischen den Mess- und Steuergrössen und dem Erfolg, sprich der Gewinnmarge, eines Unternehmens besteht. In Bezug auf den Erfolg von Metallbearbeitungs-KMU im St. Galler Rheintal gibt es drei essenzielle signifikante Messgrössen und eine Steuergrösse. Bei den Messgrössen sind dies der Umsatz, die Effizienz und die Mitarbeiterzufriedenheit. Bei den Steuergrössen ist es die Kundenbindung. Diese Grössen weisen auch innerhalb ihrer Perspektiven signifikante Beziehungen zu anderen Variablen und Indikatoren aus. Diese Erkenntnisse haben sich aus einer multiplen Regressionsberechnung des Modells der Mess- und Steuergrössen ergeben. 

Sie haben zudem eine Online-Befragung unter Führungskräften von Rheintaler KMU durchgeführt. Wie waren die Reaktionen?

Von 180 kontaktierten Betrieben haben sich 82 an der Umfrage beteiligt. Diese Rücklaufquote von über 45 Prozent war sehr erfreulich und lag über meinen Erwartungen. Die Befragten zeigten ein hohes Interesse an den Erfolgsfaktoren und reagierten begeistert auf die Umfrage und die Ergebnisse.

Aus Ihrer Masterarbeit sind auch drei Handlungsempfehlungen für Unternehmen entstanden. Welche?

Bei der ersten Handlungsempfehlung geht es um die Fokussierung auf strategische Erfolgspositionen (SEP). Gerade in Zeiten der Digitalisierung und des Strukturwandels ist darauf zu achten, sich nicht von Trends blenden zu lassen. Investitionsentscheide und letztlich die Ressourcenverteilung sollten stets in Hinblick auf die strategischen Erfolgspositionen und nicht hinsichtlich der kurzfristigen Rentabilität getroffen werden.

«Gerade in Zeiten der Digitalisierung und des Strukturwandels ist darauf zu achten, sich nicht von Trends blenden zu lassen.»

Mirco Haltiner, Absolvent Executive MBA

Die zweite Handlungsempfehlung bezieht sich aufs Marken- und Unternehmensimage. Aus der Studie ging hervor, dass die Rheintaler KMU in der Metallbearbeitungsbranche über qualitativ hochwertige, hochtechnologische Produkte verfügen, jedoch der Vermarktung des Unternehmensimage zu wenig Bedeutung schenken. Diese könnte durch die Vernetzung über die Produkte erleichtert werden.

Die dritte Handlungsempfehlung thematisiert den Informationsfluss zwischen Führungsebenen. Es braucht einen stärkeren Miteinbezug auch von Führungskräften auf mittlerer Ebene. Dadurch soll sichergestellt werden, dass alle Führungskräfte denselben Wissensstand haben und die Unternehmung gemeinsam ans gleiche Ziel führen.

Was passiert nun mit diesen Handlungsempfehlungen? Werden Sie in Ihrem Betrieb bereits umgesetzt?

Bei der HEMAG Balgach AG sind wir derzeit daran, die Strukturen zu erstellen, damit wir in einem nächsten Schritt die Ergebnisse aus den Veränderungen auch überprüfen und verifizieren können.

Sie haben an der FHS St.Gallen den Executive MBA absolviert. Welchen Nutzen entfaltet diese Weiterbildung in Ihrer Berufspraxis?

Als Führungskraft benötigt man einen umfassenden Weitblick. Der EMBA ist eine Generalistenweiterbildung, welche diesen vermittelt. Berührungspunkte zwischen dem Erlernten und der Praxis gibt es täglich. Die Kompetenzen, die ich erlangt habe, helfen mir beispielsweise dabei, in anspruchsvollen unternehmerischen Situationen vernetzte Entscheidungen zu treffen. Weiter konnte ich durch diesen Studiengang ein gutes Netzwerk zu anderen Führungskräften aufbauen. Mit diesen treffe ich mich regelmässig und kontaktiere sie auch gerne, wenn es um Lösungsfindungen oder unternehmerische Herausforderungen geht.

Nachhaltige Welt: Eine Aufgabe, die alle etwas angeht

Der Begriff der Nachhaltigkeit ziert heute manches Etikett. Ihn zu durchschauen, ist allerdings komplex. Das Webinar «Enkeltauglich ins Morgenland» zeigte auf, welche Sichtweise dazu notwendig ist und was Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Individuum zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen können.

Bananen tragen es ebenso wie Kleidungsstücke oder Möbel: das Prädikat «nachhaltig». Sogar Fussballclubs schmücken sich zuweilen damit. Der Begriff der Nachhaltigkeit ist allgegenwärtig. Doch was bedeutet er eigentlich in der digitalisierten und globalisierten Welt, die stark vom Wandel geprägt ist? Und was können wir als Staat, Stadt, Gemeinde, Organisation, Unternehmen, aber auch als Individuum dafür tun, um möglichst nachhaltig zu agieren? Davon handelte das Webinar «Enkeltauglich ins Morgenland», das den Auftakt zur neuen Webinarreihe «Klüger am Abend» des Weiterbildungszentrums der FHS St.Gallen bildete.

Das Inputreferat hielt Stefan Tittmann, Co-Leiter des Ostschweizer Zentrums für Gemeinden OZG-FHS. Seine Fachstelle unterstützt Gemeinden, Städte und Regionen bei der Umsetzung von Projekten, die der Lebensqualität der ganzen Bevölkerung dienen, aber oft auch eine wichtige Rolle für regionale, nationale oder globale Nachhaltigkeitsziele spielen. Für Stefan Tittmann ist klar: «Nachhaltigkeit ist eine gemeinsame Aufgabe, die uns alle etwas angeht.»

Ernsthaftes Bestreben oder Greenwashing?

Um zu veranschaulichen, was Nachhaltigkeit heute bedeutet, machte Stefan Tittmann die Webinarteilnehmenden mit einem Konzept des Wirtschaftswissenschaftlers Fredmund Malik vertraut. Dieser beschreibt in seinem Buch «Navigieren in Zeiten des Umbruchs» die Treiber des Wandels, dem die Welt gegenwärtig unterworfen ist: Zu diesen Treibern gehören Demografie, Ökologie, Wissenschaft und Technologie, Ökonomie und Verschuldung. Sie alle stehen in ständiger Wechselwirkung zueinanderstehen, was sowohl beabsichtige als auch unbeabsichtigte Folgen mit sich bringt.

Ein Beispiel: Mit der rasanten technologischen Entwicklung gelangen fortlaufend neue Smartphones und andere Geräte auf den Markt. Diese eröffnen einerseits ungeahnte Möglichkeiten, bereichern und vereinfachen den Alltag. Andererseits beruht deren Produktion auf dem Abbau von Ressourcen wie besonderen Metallen. Dieser Abbau wiederum ist oftmals mit schlechten Arbeitsbedingungen verbunden, womit nicht nur in ökologischer, sondern auch in sozialer Hinsicht negative Auswirkungen entstehen. Die Komplexität, die durch die Vernetzung dieses Systems entsteht, ist laut Malik der Haupttreiber des Wandels.

«Nachhaltiges Handeln bedingt, die Komplexität des Systems zu verstehen und globale sowie lokale Auswirkungen abschätzen zu können.»

Stefan Tittmann
Co-Leiter OZG-FHS

Nachhaltiges Handeln bedinge, diese Komplexität zu verstehen und die globalen sowie lokalen Auswirkungen abschätzen zu können, so Stefan Tittmann. «Das erfordert eine integrale Sichtweise und kein Schwarz-Weiss-Denken.» Im Bereich Wirtschaft und Konsum sei der Trend zur Nachhaltigkeit in den letzten Jahren deutlich gestiegen. «Die grösste Herausforderung besteht darin, zwischen Greenwashing und ernsthaftem Bestreben zur Zukunftsverantwortung zu unterscheiden.» Denn nicht überall, wo Nachhaltigkeit draufstehe, sei auch Zukunftstauglichkeit drin.

Wie Wald und Mondlandung die Diskussion prägten

Tatsache ist, dass der Begriff «nachhaltig» immer noch sehr frei ausgelegt wird. Auch hat er eine Entwicklung durchgemacht. Dies zeigte Stefan Tittmann anhand einer Reise in die Vergangenheit auf. «Nachhaltig» ist ein altes deutsches Wort, das bereits im 1. Duden festgehalten ist und von «nachhaltend» oder «andauernd wirkend» stammt. Im 18. Jahrhundert wurde der Begriff erstmals mit Ökologie in Verbindung gebracht. Dies, als sich in mitteldeutschen Wäldern die Auswirkungen einer Übernutzung abzeichneten und die sich anbahnende Holzknappheit die Forstwirtschaft zum Umdenken zwang. Der Mensch war sich fortan der Begrenzung natürlicher Ressourcen zunehmend bewusst. Allerdings flammte mit der ersten Mondlandung die Vorstellung auf, dass durch neue Technologien doch noch ein grenzenloses Wachstum möglich sei.

Gegen Ende des 20. Jahrhunderts hat sich in der Diskussion um nachhaltige Entwicklung das magische Dreieck etabliert. Demnach kann eine nachhaltige Entwicklung nur durch das gleichzeitige und gleichberechtigte Umsetzen von umweltbezogenen, wirtschaftlichen und sozialen Zielen erreicht werden.

Ein heute nochmals differenzierteres Verständnis von Nachhaltigkeit zeigt sich in der Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung, die von nahezu allen Staaten der Welt ratifiziert worden ist. Sie umfasst 17 Ziele zur Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen.

Die 17 Sustainable Development Goals aus der Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung.

Individuelle Bausteine legen

Bemühungen für eine nachhaltige Entwicklung zeichnen sich aber nicht nur auf Staatsebene ab, sondern auch in vielen lokalen Projekten. So engagieren sich Gemeinden und Städte beispielsweise, indem sie mit Labels wie «Energiestadt» oder «Fair Trade Town» ein umwelt- und sozialverträglicheres Handeln anstreben. Es gebe aber auch aus der Zivilgesellschaft gute Initiativen, so Stefan Tittmann. Zum Beispiel Sharing-Konzepte, wonach nicht alle alles besitzen müssen, sondern Gebrauchsgüter miteinander teilen. Auch nannte der Co-Leiter des OZG-FHS Beispiele von Unternehmen, die mit zukunftstauglichen Produkten oder Dienstleistungen eine nachhaltige Entwicklung fördern.

Letztlich habe es jeder einzelne in der Hand, zu mehr Nachhaltigkeit beizutragen, so Stefan Tittmann. «Dies, indem man für sich eine integrale, enkeltaugliche Lebens- und Arbeitsweise entwickelt und so individuelle Bausteine zur Lösung lokaler und globaler Herausforderung legt.» Am Anfang dessen stehe die Frage nach dem guten Leben und den Spuren, die man hinterlassen wolle.

Spuren hinterlassen hat auch das Webinar «Enkeltauglich ins Morgenland». Die Teilnehmenden nutzten die Möglichkeit, sich vertieft über den Inhalt auszutauschen und zu diskutieren. Nach einer Stunde verabschiedete man sich – jeder mit vielen neuen Denkanstössen im Kopf.

Digitalisierung in der Krise?

Unternehmen mit einem gut ausgebauten Online-Vertriebskanal genossen während der Krise deutliche Vorteile. Wer nicht darüber verfügte, sah sich gezwungen, schnell in entsprechende IT-Lösungen zu investieren. Doch sind diese auch nachhaltig erfolgversprechend? Klar ist: Ohne digitale Geschäftsstrategie ist der Nutzen von kurzer Dauer. 

Ein Beitrag von Stefan Stöckler, Leiter des
MAS in Business Information Management

Aktuell geniessen wir alle die Lockerungen nach dem Lockdown. Wir können wieder einkaufen gehen, auch wenn wir Abstand halten wollen und müssen. Damit verbunden ist auch die Möglichkeit, Waren zu betrachten, zu probieren und sich eventuell beraten zu lassen.

Doch wie war das in der Krise, als am 16. März alle Läden und Märkte geschlossen wurden? Plötzlich bekam die Online-Schiene im Handel ein grosses Gewicht. Weil der Einkauf lokal nicht mehr möglich war, erfolgte das Aussuchen und Bestellen über das Internet. Und da oft bei internationalen Grosskonzernen.

Ungeklärte Fragen

Jene Unternehmen, die sich schon früh um den Online-Vertriebskanal gekümmert haben, waren klar im Vorteil. Andere begannen – mehr oder weniger hektisch – an solchen Optionen zu arbeiten. Die Krise wurde als Anschub für die Digitalisierung gesehen und Plattformen boten ihre Dienste an, sodass ein schneller Aufbau einer Auslage im Internet für viele Firmen möglich wurde.

Doch ist eine Krise wirklich ein guter Katalysator für die Digitalisierung bzw. eine strategische Weiterentwicklung unter Nutzung der IT-Möglichkeiten der heutigen Zeit? Die einfache Antwort lautet: Nein. Änderungen und Anpassungen unter Druck sind grundsätzlich nicht gut.  Wenn jedoch zusätzlich die weiterführende Strategie fehlt, kann es maximal eine Überbrückung für kurze Zeit sein, die unter solchen Umständen «gebastelt» wird. Aber auch hier treten oft schon die ersten Probleme auf.

Wer nicht darauf eingerichtet ist, kann nicht in kurzer Zeit die gesamten Prozesse umstellen und beispielsweise von der klassischen Abholung im Ladengeschäft zum Versand wechseln. Dazu fehlen das entsprechende Know-How, der Marktüberblick über mögliche Partner und Dienstleister und das Preisgefüge. Auch sind einige Fragen ungeklärt: etwa, welche Konditionen bezüglich Versandkosten und Dauer im Internet-Shop gelten sollen,  wie mit Retouren umzugehen ist und welche Rechte die Endkunden haben.  

Geschäftsstrategien statt reine IT-Strategien

Wenn uns die Krise etwas gezeigt hat, dann wohl nicht, dass man leicht und mit hoher Geschwindigkeit digitalisieren kann, sondern, dass sich die Unternehmen mit den Potentialen der modernen IT auseinandersetzen und Strategien entwickeln müssen. Und zwar Geschäftsstrategien und nicht nur reine IT-Strategien. Oder noch klarer gesagt: Digitale Geschäftsstrategien mit einer umfassenden Nutzung von technischen Hilfsmitteln im jeweiligen Unternehmenskontext müssen erstellt werden.

Dazu gehören einerseits Kenntnisse der eigenen Produkte sowie Kunden bzw. Märkte und vor allem die Geschäftsmodelle und Geschäftsprozesse, die für die Erfüllung der Kundenwünsche notwendig sind. Erst eine solide Basis ermöglicht dann flexibles Handeln und Erweitern und Anpassen dieser Prozesse. Andererseits müssen die IT-Systeme bekannt, ordentlich aufgebaut und die Datenqualität ausreichend hoch sein, damit auch hier eine Flexibilität möglich ist. Das heisst, klassische Themen wie Business Process Management (Was machen wir wie?) und Business Information Management (Mit welchen Systemen unterstützen wir die Prozesse?) haben in der Krise wieder Gewicht bekommen und bilden das Fundament des Wandels und der Digitalisierung.

Zum Autor
Stefan Stöckler ist Dozent für Wirtschaftsinformatik an der FHS St.Gallen. Er leitet den Studiengang MAS in Business Information Management.

«Die Krise wird die Weiterbildung nachhaltig verändern»

Innovative digitale Unterrichtsformen einerseits, massive Umsatzeinbussen und rückgängige Anmeldungszahlen andererseits: die aktuelle Situation wirkt sich unterschiedlich, aber in jedem Fall einschneidend auf die Weiterbildungslandschaft aus. Bernhard Grämiger ist als Direktor des Schweizerischen Verbands für Weiterbildung (SVEB) nah am Puls der Branche. Im Interview spricht er darüber, inwiefern die Krise die Digitalisierung der Angebote vorantreibt, welche Herausforderungen nach dem Lockdown anstehen und weshalb genau jetzt der richtige Zeitpunkt ist, um sich weiterzubilden.

Herr Grämiger, wie steht es angesichts der aktuellen Krise um die Weiterbildung in der Schweiz?

Das achtwöchige Verbot von Präsenzveranstaltungen hat die Weiterbildungsbranche hart getroffen. Zwar haben einige Anbieter schnell reagiert und ihre Lehrgänge und Kurse digital durchgeführt. Doch der Anteil jener, die auf Online-Unterricht umgestellt haben, wird überschätzt. Wir gehen davon aus, dass er unter 50 Prozent liegt.

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«Das Duzen allein führt keinen Wandel herbei»

Seit über 22 Jahren arbeitet Shenasi Haziri für Coop. Angefangen hat er mit einer dreijährigen Ausbildung zum Detailhandelsangestellten. Heute ist er Verkaufschef in der Verkaufsregion Ostschweiz-Ticino. In dieser Führungsfunktion trägt er die Verantwortung für 34 Filialen und über 1100 Mitarbeitende. Vergangenes Jahr schloss Shenasi Haziri den Executive MBA an der FHS St.Gallen ab. Seine Masterarbeit im Rahmen dieser berufsbegleitenden Weiterbildung widmete er dem Thema «Duzen im Führungsalltag – Mehrwert oder Fluch?». Im Interview spricht er darüber, in welchen Fällen es sich bei der DU-Kultur um reine Kosmetik handelt und welches die wesentlichen Stützen für Zufriedenheit und Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz sind.

Herr Haziri, in Startups mit flachen Hierarchien ist die DU-Kultur eine Selbstverständlichkeit. Aber auch immer mehr Grossfirmen, bei denen sich CEO und Praktikant wohl kaum kennen, führen das Duzen auf allen Ebenen ein. Weshalb?

Die Unternehmenskulturen haben sich in den vergangenen Jahren stark verändert. Hierarchische Strukturen und organisatorische Prozesse werden zunehmend in Frage gestellt. Zurückzuführen ist dieser Wandel auch auf die technologischen Entwicklungen. Vor allem Startups, die im Zuge der digitalen Revolution entstanden sind, leben neue Unternehmensformen vor. Sich zu duzen, ist dort Standard. Dieser persönlichere Umgang soll Barrieren abbauen, das Silo-Denken aufbrechen und das Miteinander fördern. Will man sich im Markt als modernes und dynamisches Unternehmen positionieren, ist die DU-Kultur möglicherweise eine geeignete Massnahme. Das mag ein Grund sein, weshalb auch grössere Unternehmen wie Banken oder Versicherungen das Duzen auf allen Ebenen einführen. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, solange es nicht einfach um Symbolpolitik geht.

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«Für die Generation Z ist der Preis meist das Wichtigste»

Die Generation Z ist es gewohnt, alltägliche Dinge wie Einzahlungen oder Einkäufe orts- und zeitunabhängig per Handy zu erledigen. Welche Erwartungen stellen diese jungen Menschen an ihre Krankenkasse bezüglich digitaler Interaktion? In seiner Masterarbeit hat sich Luca Würth, Absolvent des MAS in Business Process Engineering an der FHS St.Gallen, mit den Bedürfnissen der Generation Z auseinandergesetzt und Handlungsvorschläge für Versicherer formuliert.  Als ehemaliger Business Consultant für einen Softwarehersteller hat er mehrere Krankenkassen auf ihrem Weg zur Digitalisierung unterstützt. Seit kurzem arbeitet er als IT-Projektleiter bei der Swica. Im Interview spricht Luca Würth darüber, nach welchen Kriterien die Generation Z ihre Krankenversicherung auswählt, welche Herausforderungen sich durch das hohe Gesundheitsbewusstsein dieser jungen Menschen ergeben und warum es sich für Krankenversicherungen nicht lohnt, nur auf diese Generation zu setzen.

Herr Würth, die Generation Z gilt als materialistisch, luxusverwöhnt und autoritätskritisch. Interessieren sich diese jungen Menschen überhaupt für Gesundheit, geschweige denn für Krankenversicherungen?

Die Experteninterviews, die ich geführt habe, machen deutlich, dass die Generation Z kein Interesse am Thema Krankenversicherung zeigt. Zur Generation Z zählen Personen ab Jahrgang 1995. In der Regel fühlt man sich im Alter von unter 25 Jahren noch fit und gesund. Die Interaktion mit der Kasse beschränkt sich aufs Bezahlen der Rechnung. Deshalb ist der Preis für diese Kundschaft meist das wichtigste Kriterium bei der Wahl ihrer Krankenversicherung. Dies, sofern nicht einfach die Eltern den Entscheid übernehmen. Die Servicequalität gewinnt erst dann an Bedeutung, wenn zum Beispiel der erste Spitalaufenthalt ansteht.

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Was die Digitalisierung für das Selbststudium bedeutet

Ausprobieren, verändern, weiterentwickeln: Am zweiten WBZ-Konvent in diesem Jahr präsentierte die Lehrgangsleiterin des CAS Digital Public Services and Communication Maja Pesic erste Resultate eines Projekts, das sich unter anderem mit digitalen Lerninhalten im Selbststudium beschäftigt.

Für viele ist Digitalisierung ein Reizwort. Nicht so für Maja Pesic. Die Lehrgangsleiterin des CAS Digital Public Services and Communication an der FHS St.Gallen beschäftigt sich seit Jahren mit dem technologischen Wandel. «Ich mag diesen Change und alles, was mit ihm zu tun hat», sagte die Politikwissenschafterin und ausgebildete Journalistin am WBZ-Konvent vom Donnerstag, 19. September. Die Digitalisierung sei nicht starr, sondern sehr lebendig und man könne vieles ausprobieren. Im Auftrag der Hochschulleitung konnte Maja Pesic gemeinsam mit Charlotte Nüesch, Annette Bauer-Klebl und David Kobler vom Zentrum für Hochschulbildung ZHB-FHS im Sommer 2018 mit einem mehrteiligen Projekt beginnen. Unter dem Titel «Flipped Classroom im IKPO – Digitalisierung im Selbststudium» stellte sie am WBZ-Konvent das Projekt und erste Ergebnisse vor.

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Keine Frage des «Ob», sondern des «Wie»

Kaum ein Arbeitnehmender kann sich im Zeitalter der Digitalisierung den neuen Technologien verschliessen: unabhängig von Beruf und Alter. Gefordert sind aber auch die Betriebe, die ihr Personal entsprechend weiterbilden müssen. Am diesjährigen Update für Personalverantwortliche, welches das Weiterbildungszentrum der FHS St.Gallen im Rahmen der Ostschweizer Bildungs-Ausstellung OBA organisierte, gab es konkrete Beispiele aus der Praxis und neuste Erkenntnisse aus der Wissenschaft. Der Anlass stand unter dem Titel «Digitales Lernen im Unternehmen – zwischen Wunsch und Realität».

Der Zug fährt los. Aus dem Führerstand sieht man die Landschaft vorbeirauschen. Mit einem gezielten Handgriff betätigt der Lokführer einen Hebel, der sich inmitten einer Vielzahl von Knöpfen und Displays befindet. Die Szene wirkt zwar täuschend echt, ist aber simuliert. Sie stammt aus einem virtuellen Zug, der Mitarbeitenden der SBB zu Lernzwecken dient. Sandra Hutterli, Leiterin Bildung und Digitale Transformation bei der SBB, zeigte am diesjährigen Update für Personalverantwortliche auf, welche Lerntools bei der Schweizerischen Bundesbahn zum Zug kommen. Denn der technologische Wandel rollt gemäss Hutterli über sämtliche Berufsfelder herein. «Wir müssen Mitarbeitende, die wenig schulische Bildung genossen haben, aber hochqualifizierte Arbeit leisten, genauso weiterbringen in der digitalen Transformation wie den Dr. Ingenieur, der sich damit beschäftigt, wie wir noch energieeffizienter fahren können.»

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«Ausprobieren ist nie falsch»

Die Unternehmenswelt wird laufend globaler und digitaler. Erfolgreich ist, wer sich dem Wandel schnell anpassen kann – mit neuen, innovativen Produkten zum Beispiel. Firmen bemühen sich deshalb um Agilität. Selbstorganisation und Gleichheit ersetzen starre Strukturen und Hierarchie. Möglich machen dies bestimmte Organisationsmodelle: darunter die Soziokratie. In ihrer Masterarbeit ist Nicole Cipri der Frage nachgegangen, wie sich Soziokratie auf die Innovation in Grossunternehmen auswirkt. Sie hat an der FHS St.Gallen den MAS in Corporate Innovation Management absolviert. Heute ist sie als Head of Innovation bei CYP Challenge your Potential tätig. Zudem gründete sie aufgrund ihrer Masterarbeit ein eigenes Unternehmen. Im Interview spricht Nicole Cipri über Motivation durch Selbstverantwortung, über unangenehme, aber lehrreiche Situationen und über Vertrauen als wichtige Voraussetzung für Soziokratie.

Frau Cipri, Soziokratie bedeutet, dass Unternehmenseinheiten sich selbst organisieren und alle Teammitglieder in gleichem Masse mitbestimmen können. Als ehemalige Mitarbeiterin des Innovationsmanagement bei Post Finance haben sie Erfahrung mit soziokratischen Strukturen gemacht. In der Theorie klingt Soziokratie gut. Doch funktioniert sie auch in der Praxis?

Mir erschien dieses Modell in der Praxis sogar noch einfacher als in der Theorie. Unsere Abteilung hat 2014 beschlossen, versuchshalber soziokratische Strukturen einzuführen, um noch innovativer zu arbeiten. Wir haben uns im Team zusammengesetzt, alle Aufgaben auf den Tisch gelegt und verteilt sowie gemeinsam die Ziele formuliert. Wie man diese erreicht, war jedem von uns zwölf Mitarbeitenden selbst überlassen. Es spielte keine Rolle, wann, wo und wie man seine Arbeit erledigte. Am meisten beeindruckt hat mich, dass in diesem Modell alle über sich persönlich hinausgewachsen sind und viel motivierter bei der Sache waren.

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