«Bei Einsätzen ist eine klare Führung notwendig»

Er führt rund 150 Polizeileute und schätzt es, dass kein Tag dem anderen gleicht: EMBA-Student Anjan Sartory ist neuer Leiter Sicherheit der Stadtpolizei St.Gallen. Im Interview spricht er darüber, wie die Polizei der Stadt den Puls fühlt, warum er Telefongespräche mit Bürgerinnen und Bürgern pflegt und was er mit seiner Masterarbeit bezwecken möchte.  

Herr Sartory, Sie tragen Polizeiuniform. Müssen Sie in Ihrer Funktion auch mal persönlich das Blaulicht einschalten und ausrücken?

Das kann durchaus vorkommen. Zum Beispiel bei schwerwiegenden Vorfällen wie Tötungsdelikten oder Demonstrationen mit gewalttätigen Ausschreitungen – wenn es darum geht, die Gesamteinsatzleitung zu übernehmen.

Als Leiter Sicherheit haben Sie aber noch viele weitere Aufgaben. Wie sieht bei Ihnen ein typischer Arbeitstag aus?

Mein Arbeitstag beginnt in der Regel um 7 Uhr. Als Erstes informiere ich mich beim Schichtleiter über die Polizeieinsätze, die in der Nacht stattgefunden haben, bearbeite die ersten E-Mails und um 8 Uhr findet der Tagesrapport mit meinen beiden Stellvertretern und meiner Assistentin statt. Der weitere Verlauf ist je nach Tag unterschiedlich. Zweimal wöchentlich steht beispielsweise ein Lagerapport an. Dabei geht es um die Häufigkeit bestimmter Vorkommnisse – seien es Einbrüche, Diebstähle, Sachbeschädigungen oder Verkehrsunfälle. Ziel ist es, der Stadt den Puls zu fühlen und zu wissen, wo wir ansetzen müssen. In meinem Kalender sind zudem Geschäftsleitungssitzungen, Sitzungen mit verschiedenen anderen Organisationen oder mit der Kriminalpolizei vermerkt. Auch mit Bürgerinnen und Bürgern bin ich in Kontakt. Wenn diese mit einer Beschwerde an uns gelangen, versuche ich die Situation jeweils in einem direkten Telefongespräch zu klären. Ich mache das lieber telefonisch als schriftlich, weil die Person am anderen Ende des Hörers dann auch gleich nachfragen kann. Zu meiner Tätigkeit gehören darüber hinaus viele repräsentative Aufgaben. Und nicht zuletzt spielt auch Personelles eine wichtige Rolle. Derzeit gilt es, einige Stellen neu zu besetzen.

 Für wie viele Mitarbeitende tragen Sie die Verantwortung?

Ich bin für rund 150 Polizistinnen und Polizisten verantwortlich. Dazu kommen 60 Zivilschutzangehörige, die für den Polizeidienst ausgebildet sind.

Ihr Erststudium widmeten Sie der Elektrotechnik, liessen sich aber später zum Polizeioffizier ausbilden und machten eine Weiterbildung im Bereich Forensik. Was fasziniert Sie so an der Polizeiarbeit?

Zum einen mag ich es, dass kein Tag wie der andere ist. Zum anderen erachte ich es als interessante Herausforderung, zu einer sicheren Stadt beizutragen und im Spannungsfeld zwischen Politik, Bevölkerung und Partnerorganisationen nach Lösungen zu suchen. Ausserdem ist diese Tätigkeit interessant, weil man verschiedene Führungsstile anwenden kann. Im Alltag pflege ich einen kooperativen Umgang. Bei Einsätzen hingegen ist eine ganz klare Führung notwendig.  

Führung spielt auch im Executive Master of Business Administration (EMBA), den Sie derzeit an der FHS St. Gallen absolvieren, eine wichtige Rolle. Weshalb haben Sie sich für diese Weiterbildung entschieden und was nützt Sie Ihnen im Berufsalltag?

Es ist mir wichtig, mich in meiner Führungsrolle weiterzuentwickeln und mein Netzwerk zu anderen Führungspersönlichkeiten aus anderen Branchen auszubauen. Die Weiterbildung hilft mir dabei. Daneben gibt es im EMBA viele Kurse, die praxisorientiertes Wissen vermitteln: ob nun im Bereich Personalentwicklung, Verhandlungsführung und Konfliktmanagement oder Bevölkerungsentwicklung und Generationendifferenz. Auch Themen rund um neue Informationstechnologien sind für mich spannend, auch im Hinblick darauf, dass wir unsere Polizistinnen und Polizisten demnächst mit einem Tablet ausrüsten wollen, damit sie ihre Rapporte direkt erfassen können.  

Die Stadtpolizei steht im Dienst der Bevölkerung. Es handelt sich dabei nicht um ein klassisches Unternehmen mit Kundinnen und Kunden. Werden die Inhalte im EMBA diesem Umstand gerecht?

Klar ist zum Beispiel die Gewinnoptimierung für uns nicht so zentral wie für andere. Trotzdem öffnet es den Horizont, wenn man sich mit solchen Inhalten auseinandersetzt. Das schafft auch ein Verständnis für die Strukturen in der Privatwirtschaft.

Den EMBA schliessen Sie mit einer Masterarbeit ab. Worüber wollen Sie diese schreiben?

Meine Masterarbeit plane ich zum Thema Diversity-Management mit Schwerpunkt «Vereinbarkeit von Familie und Beruf». Ziel ist es, dass diese Arbeit als unterstützendes Instrument bei der Personalstrategie der Stadtpolizei St.Gallen hinzugezogen werden kann.