Social Informatics: Fragen und Antworten

Das berufsbegleitende Masterstudium Social Informatics wird seit 2000 von der FHS St.Gallen angeboten. Es besteht aus drei abgeschlossenen Lehrgängen, die auch einzeln absolviert werden können: Online Services, Medienpädagoik und IT-Projektleitung. Geleitet wird das Masterstudium von Selina Ingold und Reto Eugster. Zum Studienteam gehören Expertinnen und Experten aus Medien- und Informationswissenschaft, Pädagogik, Informatik, Soziologie, Sozialarbeit sowie aus dem Gesundheitswesen. Reto Eugster als Co-Studienleiter im Gespräch.

@wbzfhs

Worum geht es bei Social Informatics?
Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) bestimmen die Dynamik wirtschaftlicher Enwticklung. Dabei ist klar: Diese Technologien verändern unsere Gesellschaft. Social Informatics befasst sich mit dem Ineinandergreifen technologsicher und gesellschaftlicher Veränderungen. Wenn neue Technologien auf Alltag treffen: Was verändert sich in der Art, wie Menschen ihre Bedürfnisse befriedigen, ihren Alltag bewältigen.

Ein konkretes Beispiel…
…Neue Medien verändern die Art, wie wir lernen, uns informieren, politisieren, einkaufen oder die Art, wie wir Kontakte pflegen. Die „sozialen“ Veränderungen werden oft unterschätzt, im Mittelpunkt stehen neue Devices, aufgregende Gadgets, fortschrittliche Geräte usw.

Es geht um die Schattenseiten der Entwicklung?
Eine solche Formulierung trifft den Punkt nicht. Es geht darum, die sozialen Potenziale beispielsweise von Neuen Medien zu erkennen und zu nutzen. Welche neuen Möglichkeiten bieten sich für eine Bürgeraktivierung in der Kommunalpolitik? Wenn Gesundheitsberatung via Web möglich ist: wie verändern sich Dienstleistungen im Gesundheitswesen? Mit welchen Anforderungen sind Schulen konfrontiert, wenn Medienkompetenz gefordert ist? Soziale Hilfe wird künftig stark über informelle Netzwerke webbasiert aktiviert. Damit verändern sich Dienstleistungsverständnis und Methodik. Spendenmarketing, Fundraising: Bereits heute ohne das Internet kaum mehr vorstellbar.

Drei Lehrgänge führen zum Master. Was sind die Schwerpunkte?
Die Medienkompetenz ist Schwerpunkt beim Lehrgang Medienpädagogik. Die Möglichkeit, neue Dienstleistungen in Sozial-, Gesundheits- und Bildungssystem zu entwickeln, ist Brennpunkt des Lehrgangs Online Services. Neue Varianten des Lernens, Beratens und Aktivieren eröffnen ungeahnte Potenziale. Und schliesslich geht es beim IT-Projektmanagement um die Handhabung von Technik und Technologie, um das Evaluieren, Nutzen und Entwickeln von ICT-Lösungen.

In welchem Verhältnis stehen die drei Lehrgänge zueinander?
Jeder Lehrgang hat einerseits einen Eigenwert, bietet ein in sich geschlossenes Ganzes. Medienkompetenz, Dienstleistungsentwicklung und Handhabung neuer Technologien, die Schwerpunkte der drei Lehrgänge, gehören anderseits logisch und thematisch zusammen, ergeben ein Masterstudium.

Drei Lehrgänge, drei Perspektiven?
Es geht immer um die Informations- und Kommunikationstechnologien. Diese werden aus drei Perspektiven beleuchtet. Perspektive eins: Die Frage der Medienkompetenz. Dabei geht es nicht nur um Wissen und Können, sondern um den reflektieren Umgang mit Technik und Technologie. Zweitens: Die Frage der veränderten Dienstleistung in Sozial-, Bildungs- und Gesundheitswesen. Was verändert sich, wenn immer mehr Dienstlesitungen Online angeboten werden, wie beispielsweise die Online-Beratung. Und drittens geht es darum, wie die Technologien eingeführt, genutzt und weiter entwickelt werden können.

An wen richtet sich das Studium?
Angesprochen sind Fachkräfte, die sich in Schulen, sozialpädagogischen Einrichtungen, als Erzieherinnen oder Erzieher, in der Sozial- und Kulturarbeit usw. mit Aspekten der Medienkompetenz befassen. Angesprochen sind weiter Fachkräfte, die Dienstleistungen im Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen anbieten und von den aktuellen Veränderungen durch ICT betroffen sind. Und schliesslich sind alle gemeint, die ICT evaluieren, einführen und entwickeln müssen, in unterschiedlichen Praxen.

Ein breites Zielpublikum?
Obwohl das Studium an der FHS St.Gallen bereits seit 14 Jahren, jeweils in angepassten Formen, angeboten wird, ist es ein Studium für Pionierinnen und Pioniere geblieben. Auf dem Arbeitsmarkt sind Fachkräfte gesucht, die beispielsweise Neue Medien nicht primär technisch sehen, sondern das Zusammenwirken technologischer und sozialer Dimensionen verstehen. Davon hängt der Erfolg neuer ICT-Werkzeuge wesentlich ab und das erkennen die Anbieter mehr und mehr. Das aufregendste Tool hat keine Marktchancen, wenn nicht klar ist, auf welchen Alltag hin es konzipiert ist, wie sein Alltagsnutzen ist.

Kommen die Schattenseiten nicht zur Sprache während des Studium?
Selbstverständlich kommt man nicht umhin, darüber zu sprechen: Wer nicht über die nötige Kompetenz verfügt, Medien reflektiert zu nutzen, hat verminderte gesellschaftliche Teilnahmechancen.

Beispielsweise trifft dies auf ältere Menschen zu.
Wobei sich viele ältere Menschen dagegen wehren, automatisch als medienfern gestempelt zu werden. Unbestritten ist aber, dass es nach wie vor einen „digitalen Graben“ zwischen den Generationen gibt. Dies hat Folgen. Aeltere Menschen haben teilweise erschwerte Bedingungen bei der Alltagsbewältigung. An vergünstigte Produkte kommt heute oft nur ran, wer das Internet „richtig“ zu nutzen weiss. Dienstleistungen setzen den Einbezug von Web-Tools voraus usw.

Fachkräfte der Social Informatcis sind Vermittler zwischen den Welten …
… Eine treffende Formulierung, ja. Sie vermitteln zwischen den technologischen Möglichkeiten im Bereich Information und Kommunikation einerseits und den Alltagsbedürfnissen konkreter Zielgruppen anderseits.

Dies wird in Zukunft eine wichtige Funktion sein.
Diese Zukunft hat schon längst begonnen. Neue Medien, Kommunikationstechnologien, sind zum Boten geworden. Und dieser Bote prägt die Kommunikation, ist nicht bloss neutraler Mittler. Oder wie Günter Anders bereits vor rund 60 Jahren sagte: „Der Bote ist der Herr des Herrn“.

Zur Studienausschreibung… (http://www.fhsg.ch/sozialinformatik)