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Schreiben hilft beim Lernen.

Schreiben hilft nicht nur Ihren Noten, sondern auch Ihnen!

«Wenn Sie es eilig haben, schreiben Sie mir eine Postkarte.»
(Mary Bauermeister)

Diese Aufforderung ist paradox – gerade im Zeitalter der E-Mail-Kommunikation und Meinungsbildung über soziale Medien. Aber sie regt an, das Schreiben und seine Wirkung einmal näher zu betrachten.

Wir leben in einer Zeit, in der Informationen in einer unfassbaren digitalen Schnelligkeit und Dichte verbreitet und konsumiert werden und erleben zudem, dass die schriftliche Übermittlung von Inhalten keine Qualitäts- oder gar Wahrheitsgarantie beinhaltet.

Die Verschriftlichung von Gedanken ist ein strukturierender Vorgang, der seine Zeit benötigt. Im Moment des Schreibens legen Sie sich in Ihrer Aussage fest. Der erste Schritt, einen Text zu verfassen, besteht daher darin, das zu behandelnde Thema in seine einzelnen Bestandteile aufzugliedern und ihm dadurch eine Struktur zu geben. Im Schreiben argumentieren Sie und müssen – damit der Leser Ihren Text versteht – auf eine lückenlose Gedankenabfolge achten.

Die Formulierung geschieht erst einmal meist intuitiv und wird Sie wahrscheinlich auf Anhieb nicht zufriedenstellen. Wenn Sie das Schreiben von Aufsätzen mehrmals wiederholen, werden Sie ähnlich wie beim Trainieren einer Sportart, nach kurzer Zeit schon Fortschritte feststellen. Sie trainieren, Ihre Argumente zu präzisieren und Ihre Sprache als Transmitter, als Übermittler Ihrer Position, einzusetzen.

Gerade deshalb möchte ich Sie ermutigen, öfter einmal – und hin und wieder einfach ausser der Reihe – einen Text zu einem Thema zu schreiben, welches Sie gerade beschäftigt. Lesen Sie sich das Geschriebene nach einer gewissen Zeit noch einmal durch. So können Sie prüfen, ob der Text auch mit dem übereinstimmt, was Sie beabsichtigten auszudrücken. Ihre Gedanken werden sich womöglich in dieser Zeit weiterentwickelt haben. Solange ein Text nicht final ist, steht einer Korrektur oder Umschreibung nichts im Wege. Lassen Sie sich auf diesen Prozess ein und entwickeln Sie ihre Positionen weiter. Diese Lernerfahrung wird Sie bereichern und Sie werden Ihre Gedanken ganz anders zu differenzieren lernen, als ohne diese schriftliche Übung. Auch von Durststrecken sollten Sie sich nicht entmutigen lassen. Schreiben hilft Ihnen dabei, nicht nur fremde Gedanken wiederzugeben, sondern Ihre eigenen Gedanken zu entwickeln. Und das ist, so meine ich, der direkteste Weg, eine eigene fundierte Meinung zu entwickeln und diese substanziell zu vertreten.

Schreiben Sie doch hin und wieder auch einmal eine Postkarte. Sie erreicht die Adressatin oder den Adressaten zwar nicht so schnell wie ein Tweet, entfaltet aber womöglich eine nachhaltigere Wirkung – und das ist doch letztendlich der Sinn des Schreibens.

Ihr Dr. Klüger

((Autor: Rubén Rodriguez Startz, FHS St.Gallen))

«Nehmen Sie sich Zeit zum Denken»

«Die Vorlesung fällt heute aus, da ich noch Zeit zum Nachdenken benötige.» Vielleicht kennen Sie die Anekdote der Studenten, die vor einem verschlossenen Vorlesungsraum stehen, an dessen Eingang ein mit dieser Aufschrift versehenes Schild hängt. Was sagt uns diese Notiz?

Denken braucht Zeit. Durch differenziertes Denken durchleuchten wir neue Perspektiven und lernen dabei. Gemeint ist hierbei nicht das Lernen durch Repetition, das sich zur Erlangung eines Grundwissens nicht unbedingt vermeiden lässt. Der Lerneffekt des differenzierten Denkens besitzt eine tiefere Qualität. Beim Abwägen des Für und Wider eines Arguments, aber auch in der Interaktion, also beim Austausch und in der Auseinandersetzung mit anderen Personen, geschieht etwas, das wir als Lernen erfahren: Wir gewinnen Erkenntnis. Durch unser Denken durchlaufen wir einen Prozess, der Erkenntnis schafft und uns somit beim Lernen hilft.

Dem Denken Zeit geben

Wir sollten uns ruhig häufiger die Zeit nehmen, Gedanken zu Ende zu denken und auch Gegenpositionen mitzudenken. Das Durchdenken eines Gedankens, eines Arguments oder einer Position aus verschiedenen Perspektiven heraus qualifiziert das Gedachte und belässt es nicht in der spontanen und täuschungsanfälligen Ebene der Intuition, die zwar schnell und oft hilfreich zur Hand sein kann, allerdings wichtigen Entscheidungssituationen nicht immer gerecht wird. Den Ursachen dieses Phänomens und wie wir anhand eines «langsamen» Denkens Fehlschlüsse vermeiden können, geht Daniel Kahnemann unterhaltsam wie ausführlich in seinem Buch Schnelles Denken, langsames Denken von 2012 nach.

Was sagt uns das für unser eigenes Lernen?

Jeder Denkschritt trägt zum Lernen und damit zur Erkenntnis bei, sei es durch das reine Nachdenken, das Argumentieren oder Niederschreiben der Gedanken. Lassen Sie sich Zeit dafür. Lassen Sie sich Zeit für die Vor- und Nachbereitung Ihrer Lerneinheit. Nehmen Sie sich Zeit für die Auseinandersetzung mit einem Thema anhand von Übungen oder der Lektüre entsprechender Fachliteratur. Das Gelernte nach der Lektion Revue passieren zu lassen, hilft Ihnen, Ihr Wissen zu festigen. Und zu guter Letzt, Denken macht Spass und ist immer und überall verfügbar!

Übrigens, Schreiben hilft Ihnen auch beim Lernen, aber dazu mehr in unserer nächsten Kolumne.

Ihr Dr. Klüger

((Autor: Rubén Rodriguez Startz, FHS St.Gallen))