«Wir fördern das systemische und vernetzte Denken»

Wer ein Unternehmen erfolgreich führen will, muss mit den Herausforderungen der globalen und digitalen Welt umzugehen wissen. Gefragt ist die Fähigkeit, anspruchsvolle unternehmerische Situationen richtig beurteilen zu können und betriebswirtschaftlich vernetzte Entscheidungen zu treffen. Der Executive Master of Business Administration (EMBA) an der FHS St.Gallen bietet Führungskräften nützliche Antworten für aktuelle und zukünftige Anforderungen. Neuer Programmleiter ist Andreas Löhrer. Im Interview spricht er über Top Skills , über Management-Planspiele, die an der FHS St.Gallen zum Einsatz kommen und über bleibende Netzwerke, von denen die Studierenden profitieren.

Herr Löhrer, wie haben sich die Herausforderungen in der Unternehmensführung in den letzten Jahren verändert?

Wir leben heute in der sogenannten VUKA-Welt. Die Abkürzung VUKA steht für volatil, unsicher, komplex und ambivalent. Zwei bekannte Treiber dieser Entwicklung sind die Digitalisierung und Globalisierung. Aber beispielsweise auch die politische Verlässlichkeit ist im Vergleich zu früher gesunken. Plötzliche Sanktionen und Boykotte können die Folge sein. Unternehmerisches Handeln ist schwer kalkulierbar geworden. Es ist sehr anspruchsvoll für Unternehmungen, eine verlässliche strategische Planung zu erstellen und eine angemessene Entscheidungssicherheit zu erlangen.

Was bedeutet das für die Weiterbildung von Führungskräften?

Als Weiterbildungsinstitution müssen wir bei unseren Studierenden jene Kompetenzen schulen, die ihnen helfen, mit der VUKA-Welt umzugehen. Zu den verlangten Top Skills gehören gemäss World Economic Forum unter anderem die Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen sowie kritisch und gleichzeitig vernetzt zu denken. Auch Personalmanagement ist in der VUKA-Welt eine grosse Herausforderung für Unternehmen. Im Executive MBA bieten wir Führungskräften unter anderem Methoden, die sie bei der Entscheidungsfindung unterstützen und die sie auch auf neue, bisher ungewohnte Situationen anwenden können. Zudem fördern wir mit diesem Studiengang das systemische und vernetzte Denken. Die Absolventinnen und Absolventen sind in der Lage, gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge zu erkennen. Sie wissen, welche vielschichtigen Auswirkungen es hat, wenn man eine bestimmte Massnahme wie etwa einen Investitionsstopp umsetzt.

Was macht den Executive MBA an der FHS St.Gallen besonders?

An der FHS St.Gallen prüfen wir nicht das blosse Fachwissen, sondern die Fähigkeit, dieses in die Praxis zu transferieren. Dies geschieht unter anderem anhand kollegialer Fallbearbeitungen. Dabei wenden die Studierenden die fachlichen Inhalte direkt auf die Fragestellungen im eigenen Unternehmen an. Nebst diesen Fallbearbeitungen kommt ein didaktisch aufbereitetes Management-Planspiel zum Einsatz. Aufgabe ist es, im Team eine fiktive Firma zu führen und dabei eine bestimmte Strategie umzusetzen. Der Erfolg der Firma hängt letztlich davon ab, ob die gefällten Entscheidungen strategisch und operativ konsistent sind.  Dazu benötigen die Spielerinnen und Spieler die Fähigkeit, die unternehmerische Situation fundiert zu analysieren und zu beurteilen. Auch vernetztes Denken ist zentral. Die Teilnehmenden stehen vor der Situation, dass selbst vermeintlich einfache Entscheidungen, wie beispielsweise jene der Preisfestsetzung eines Produktes, eine nichtlineare und vernetzte Wirkung auslösen. Wie in der realen Welt.

Welche Chancen eröffnet ein Executive MBA?

Das hängt davon ab, wo man steht und welche Ziele man verfolgt. Teilnehmende mit technischem Hintergrund, die bereits ein eigenes Unternehmen führen, profitieren zum Beispiel von einem fundierteren Verständnis für betriebswirtschaftliche Themen und können damit ihre Entscheidungsfindung verbessern. Jemand, der bereits eine Führungsfunktion innehat, strebt möglicherweise eine Position mit noch mehr Verantwortung an. Der EMBA kann Türen öffnen für einen solchen Karrieresprung. Allen Studierenden gemeinsam ist aber sicherlich, dass sie mit dieser Weiterbildung ihr Netzwerk erweitern. Oft bleibt der Kontakt über den Abschluss hinaus bestehen. So bilden sich beispielsweise Erfahrungsgruppen, in denen sich die Mitglieder gegenseitig coachen und über bestimmte Themen austauschen.

Ab diesem Jahr bietet die FHS St.Gallen den Executive MBA mit zwei unterschiedlichen Fokussen an. Was ist die Idee dahinter?

Unsere Motivation war, den unterschiedlichen Hintergründen der Interessentinnen und Interessenten gerecht zu werden. Der EMBA mit Fokus auf Integriertes Management richtet sich explizit an Führungskräfte mit einem Studium oder höheren Berufsabschluss im nicht-ökonomischen Bereich, die jedoch über Grundkenntnisse in Betriebswirtschaft verfügen und diese weiter vertiefen möchten. Der EMBA mit Fokus auf Digital Business Leadership ist hingegen für Führungskräfte gedacht, die ein Studium oder einen höheren Berufsabschluss im Bereich Ökonomie vorweisen und somit bereits über fundierte betriebswirtschaftliche Kenntnisse verfügen. Sie widmen sich in der Weiterbildung vermehrt der Frage, wie sich die Digitalisierung gewinnbringend für ihr Unternehmen nutzen können.

Im Bereich Unternehmensführung bietet die FHS St.Gallen auch den Master in Business Administration an. Wie unterscheidet sich dessen Zielgruppe von jener des EMBA?

Zur Zielgruppe des MAS in Business Administration zählen Personen, die ein Team leiten oder eine Fachführung innehaben, jedoch operativ tätig sind. Auch Projektleiterinnen und -leiter sprechen wir an. Der EMBA richtet sich dagegen an Personen mit mehrjähriger Führungs- und strategischer Managementerfahrung. Diese Zielgruppe trägt in der Regel eine personelle, strategische und finanzielle Verantwortung.

Welche Ziele haben Sie als neuer Studienprogrammleiter des MAS in Business Administration und des EMBA?

Mein oberstes Ziel ist es, den Executive MBA und den MAS in Business Administration in der Ostschweiz zu sehr gut verankerten und bevorzugten Weiterbildungsprogrammen für Führungskräfte zu etablieren.