Die Schulsozialarbeit soll Kindern zu ihren Rechten verhelfen

Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, ihre Meinung frei zu äussern: So steht es in der UN-Kinderrechtskonvention. Sie existiert nun seit 30 Jahren. Anlässlich dieses Jubiläums widmete sich der Community-Anlass Schulsozialarbeit an der FHS St.Gallen vom 25. Februar 2019 der Frage, wie die Schulsozialarbeit die Partizipation von Kindern und Jugendlichen in der Schule fördern und zum integralen Bestandteil einer Schulhauskultur machen kann. Zuvor gaben Yael Bloch und Linda Estermann, beide 15jährig, Einblick in ihre Tätigkeit als Kinderlobbyistinnen.

Bilder von streikenden Jugendlichen mit Transparenten für mehr Klimaschutz prägten in den letzten Wochen die Nachrichten. Bilder, die Yael Bloch und Linda Estermann den Teilnehmenden des Community-Anlasses Schulsozialarbeit an der FHS St.Gallen gleich zu Beginn in Erinnerung riefen. Die beiden 15-jährigen Vertreterinnen des gemeinnützigen Vereins Kinderlobby Schweiz sensibilisieren die Öffentlichkeit für die Interessen und Bedürfnisse ihrer Generation. Allem voran machen sie sich stark für die Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen.

Die Kinderlobbyistinnen Yael Bloch und Linda Estermann (v.l.)

«Es hätte nie so weit kommen dürfen, dass Kinder und Jugendliche streiken müssen, um gehört zu werden», sagte Yael Bloch vor den rund 30 Teilnehmenden des Community-Anlasses. Allerdings hätten unter 18-Jährige in der Schweiz oft keine andere Wahl, als ihre Anliegen auf diese Weise zu kommunizieren. Für Yael Bloch und Linda Estermann ist klar: Erwachsene müssen Kinder und Jugendliche bei Entscheiden, die deren Lebenswelt und Zukunft betreffen, miteinbeziehen. Die beiden Kinderlobbyistinnen sind deshalb auch immer wieder in der Wandelhalle im Berner Bundeshaus anzutreffen. «Es ist uns bewusst, dass wir nicht das ganze Parlament von etwas überzeugen können. Aber wir sind immer wieder froh, wenn wir feststellen, dass ein oder zwei Politiker nach dem Gespräch abstimmen, wie wir es empfohlen haben», so Linda Estermann. Auch die Bildungsverantwortlichen sehen die beiden Kinderlobbyistinnen in der Pflicht. Yael Bloch: «Kinder und Jugendliche sollten in jeder Schule die Möglichkeiten haben, mitzuentscheiden.»

Es gibt noch Luft nach oben

Dass Kinder und Jugendliche in Bereichen, die ihre Lebenswelt betreffen, mitreden, mitwirken und mitentscheiden dürfen, steht in der UN-Kinderrechtskonvention. Das von der Schweiz im Jahr 1997 ratifizierte internationale Übereinkommen ist jetzt 30 Jahre alt. Anlässlich dieses Jubiläumsjahres widmete sich der Community-Anlass Schulsozialarbeit der Frage, wie Partizipation in der Schule durch die Schulsozialarbeit gefördert und zum integralen Bestandteil einer Schulhauskultur werden kann. «Wir fanden dieses Thema wichtig, gerade weil es in der Schweiz bezüglich der Partizipation von Kindern und Jugendlichen noch Luft nach oben gibt», sagte Simone Hengartner, Lehrgangsleiterin CAS Schulsozialarbeit an der FHS St.Gallen, die den Anlass moderierte.

Partizipation kann durch mehrere, einzelne Schritte gefördert werden: Das machten die beiden Kinderlobbyistinnen Yael Bloch und Linda Estermann mit ihren Tipps nochmals deutlich, die sie den Teilnehmenden des Community-Anlasses – darunter hauptsächlich Schulsozialarbeitende, ebenso Vertretungen von Trägerschaften und Behörden sowie eine Mitarbeitende der PHSG – mit auf den Weg gaben: «Klären Sie Kinder und Jugendliche über deren Rechte auf, fragen Sie nach, was man besser machen könnte, schaffen Sie Beteiligungsmöglichkeiten und hören Sie hin», plädierten sie. Schulsozialarbeitende sollen Kinderrechtshelfer werden.

Kinderrechte sind kaum Teil der Ausbildung

Im Anschluss fanden die Teilnehmenden des Community-Anlasses zu verschiedenen Tischdiskussionen zusammen. Sie tauschten sich darüber aus, wie sich Rechte der Kinder und Jugendlichen im Schulalltag umsetzen lassen, wie die Schulsozialarbeit Partizipationsgefässe gestalten und in ihrem Gewicht stärken kann – von Elterngesprächen bis zu Kinderparlamenten – und welche Räume in der Schule partizipativ gestaltet werden können. An einem Tisch stellte Simone Hengartner eine Methode des hawaiianischen Philosophen Dr. Thomas E. Jackson vor, die sich dazu eignet, Gesprächsführung mit Kindern und Jugendlichen partizipativ auszugestalten.

Die Teilnehmenden im Gespräch

Die Diskussionen zeigten: Zwar existieren bereits an einigen Schulen Gefässe, die Kindern und Jugendlichen eine Partizipation und damit das Recht auf Mitsprache und Mitbestimmung ermöglichen – etwa Vollversammlungen. Dennoch gibt es Hürden bei der Umsetzung solcher Projekte: Sei es, weil Lehrpersonen einen Mehraufwand befürchten, weil die Schule nicht weiss, wie sie mit unbequemen Forderungen von Kindern und Jugendlichen umgehen soll oder weil im allgemeinen eine grosse Unsicherheit herrscht zu diesem Thema. Kinderrechte fänden kaum Eingang in die pädagogische Ausbildung, hielt eine Diskussionsgruppe fest. Die Lehrerinnen und Lehrer entsprechend zu schulen, sei deshalb eine wichtige Aufgabe. «Notwendig ist zudem, dass unter den Erwachsenen ein Konsens besteht», resümierte eine weitere Diskussionsgruppe. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass es Zeit, Interesse sowie Räume braucht, um die Partizipation zu fördern – und dass sich die Bemühungen lohnen: Denn Kinder und Jugendliche, die schon früh Verantwortung für ihre Bedürfnisse und Anliegen übernehmen können, finden darin auch Lernfelder in ihrer Entwicklung zu mündigen und engagierten Erwachsenen.

Der anschliessende Netzwerk-Apéro bot die Gelegenheit für einen individuellen Erfahrungsaustausch und sorgte für einen gemütlichen Ausklang des Community-Anlasses.

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