Archiv der Kategorie: Angebote

Barrierefreie Applikationen – Durchgängige Unterstützung im Entwicklungsprozess

In seiner richtungsweisenden Master-Arbeit im Rahmen des Studiums MAS in Business Process Engineering der FHS St.Gallen betrachtet Markus Wegmann den gesamten Software-Entwicklungsprozess. Er entwirft unterstützende Werkzeuge und Checklisten, um die Erstellung barrierefreier Software besser und vor allem umfassend zu verankern.

Zusammenfassung von Dr. Stefan Stöckler, Studienleiter, MAS in Business Process Engineering und MAS in Business Information Management 

Barrieren, welche die Nutzung von Applikationen erschweren, können unterschiedliche Ursachen haben und auf anwendungsbedingten, behinderungsbedingten oder individuellen Einschränkungen basieren. Barrierefreie Systeme sollten so gestaltet werden, dass sie von jeder Person benutzt werden können – allenfalls jedoch mit Hilfe von unterstützenden Technologien, wie z.B. einem Screenreader oder einer Braille-Zeile.

Wer diese Überlegungen bei der Entwicklung einer Software vernachlässigt, schliesst eine Gruppe von Personen aus der Informationsgesellschaft aus. Sich dessen bewusst zu sein, ist enorm wichtig. Die bestehenden, wohl aber auch oft unbekannten Richtlinien beschränken sich jedoch weitgehend auf die barrierefreie Gestaltung von Internetseiten. Das heisst, man könnte diese noch als Vorgaben für allgemeine Applikationen interpretieren. Welche Aspekte im Software-Entwicklungsprozess zu berücksichtigen sind, um eine barrierefreie Software zu erstellen, ist jedoch wenig bis gar nicht definiert.

Anforderungen klar definieren

Der Grundgedanke der Master-Arbeit von Markus Wegmann ist, dass das Ziel einer barrierefreien Applikation über den gesamten Entwicklungsprozess beachtet werden muss. Es reicht nicht aus, wenn Allgemeinplätze wie «Die Applikation muss auch für Menschen mit Sehbehinderung bedienbar sein» als Anforderung deklariert wird. Spezifizierte Funktionaltäten müssen konkret formuliert werden. Beispiele dafür: die Darstellungsgrösse der einzelnen Bildschirminhalte muss stufenlos regulierbar sein. Oder der Bildschirminhalt muss so aufgebaut oder mit einer Schnittstelle versehen sein, dass er automatisiert vorgelesen werden kann.

Der Autor bettet diese und viele weitere Überlegungen in den gesamten Software-Lebenszyklus ein. Er zeigt anschaulich, wie diese wichtigen Themen mit bestehenden, vielfach verwendeten Methoden ohne Umstellungen in den Entstehungs-, Test- und Betriebsprozess von Applikationen eingebaut werden können. In einem eigenen Kapitel stellt Wegmann für jede Phase des Software-Lebenszyklus umfangreiche Checklisten vor. Wer sich an denen orientiert, gewährleistet die Gestaltung der geforderten Barrierefreiheit.

Schon heute können viele Menschen IT-Lösungen aufgrund körperlicher Einschränkungen nur bedingt nutzen. Betrachtet man zudem die demographischen Entwicklungen in Mitteleuropa, dann erkennt man leicht wie wichtig und aktuell dieses Thema ist. Deshalb wünscht sich der Autor, dass sich möglichst viele Software-Häuser und App-Entwickler mit dieser Thematik befassen. «Barrierefreiheit während des gesamten Entwicklungsprozesses durchgängig zu beachten ist schlussendlich immer günstiger, als nachträglich zu versuchen Hilfsmittel in die Software einzubauen», so sein Fazit.

Zur Person: Markus Wegmann (49) ist Diplomierter Wirtschaftsinformatiker und arbeitet als Provider Manager in der IT-Branche. Requirements erheben und vertraglich mit Lieferanten vereinbaren ist ein Teil seiner Tätigkeit. In seiner Masterarbeit im Rahmen seines Weiterbildungsstudiums MAS in Business Process Engineering hat er sich bewusst mit dem Thema Barrierefreiheit beschäftigt, da diesem in der Softwareentwicklung oft zu wenig Beachtung geschenkt wird.

«Jugendliche sollen die positiven Seiten der digitalen Revolution nutzen»

Hilal Iscakar und Marion Müller haben soeben den Lehrgang CAS Medienpädagogik abgeschlossen. Im Rahmen dieser Weiterbildung erarbeiteten sie für die Fachstelle Jugendinformation der Stadt St.Gallen ein medienpädagogisches Konzept für den Aufbau einer jugendlichen Redaktionsgruppe. Wieso sie dieses Projekt gewählt haben und wie es mit der Umsetzung läuft, erzählen die beiden im Gespräch.

Sie haben für die Stadt St.Galler Fachstelle Jugendinformation «tipp» ein medienpädagogisches Konzept erstellt. Wieso?

Iscakar: Die Informationsstelle «tipp» kommuniziert derzeit eher offline, also direkt über den persönlichen Kontakt in der Fachstelle tipp und hauptsächlich über gedrucktes Informationsmaterial bzw. über Email. Im Austausch mit den Sozialarbeitenden suchten wir nach neuen Methoden. Zudem sollen Jugendliche andere Jugendliche auf einer eher niederschwelligen Ebene direkt und selbständig informieren. Und zwar über Kanäle, die sie selber aussuchen und für richtig empfinden.

Müller: Wir wählten dabei den peer to peer Ansatz. Diese Methode ist in der Medienpädagogik sehr wichtig und hat sich in den letzten Jahren positiv bewährt. Dadurch vermeiden wir den potentiellen Generationenkonflikt. Die Jugendlichen wissen am besten, was andere Jugendliche interessieren könnte. Sie informieren in ihren eigenen Worten und somit Empfängergerecht und über zeitgemässe Kanäle.

Wie haben Sie die jugendlichen Peers auf ihre Aufgabe vorbereitet?

Iscakar: Wir haben aktiv nach Peers gesucht und interessierte Jugendliche aufgefordert, sich über Social Media dafür zu bewerben. Die ausgewählten Teenager trafen sich dann mit uns angehenden Medienpädagoginnen und den Mitarbeitenden von «tipp» zu Vorbereitungssitzungen.  Wir diskutierten über Risiken und Chancen bzw. Grundhaltungen. Die Fachfrau für Kommunikation der Stadt St. Gallen war ebenfalls an einer solchen Sitzung dabei. Sie hat der Redaktionsgruppe Tipps und Tricks mitgegeben. Zudem hat ein Social Media Profi die Gruppe auf verschiedene Stolpersteine hingewiesen.

Welche Chancen und Risiken sehen Sie in der Nutzung der Sozialenmedien – insbesondere für Jugendliche?

Müller: Wichtig finde ich, dass die Jugendlichen beim Wechsel von der analogen auf die digitale Kommunikation mit dabei sind und mithalten können. Sie sollen die guten Seiten dieser Revolution miterleben und für ihre Ausbildung, in der Berufswelt und für ihre private Kommunikation im positiven Sinne nutzen können. Die digitale Revolution birgt natürlich auch Risiken, die bewältigt werden müssen. Die Schnelligkeit in der Entwicklung der digitalen Kommunikation ist ein grosses Thema. Auch die Privatsphäre gilt es zu beachten. Das unbedachte Posten von privaten Informationen in den Sozialen Netzwerken muss vermieden werden. Für diese Themen wollen wir die Jugendlichen sensibilisieren.

Die Umsetzung Ihres Konzepts läuft seit wenigen Wochen. Wie reagieren die Jugendlichen darauf? Gibt es Reaktionen von Eltern?

Iscakar: Von den Jugendlichen wird das neue Kommunikationskonzept von «tipp» gut angenommen. Zurzeit kommunizieren unsere Peers über Instagram. Demnächst soll Snapchat folgen. Um den Erfolg zu beurteilen, ist es noch etwas zu früh. Wir haben eine motivierte Redaktions-Gruppe gefunden und sind sehr stolz, dass wir so einen tollen Start hinlegen konnten. Die Peers treffen sich regelmässig und haben sichtlich Spass dabei zu sein. Wir freuen uns auf mehr!

Und zum zweiten Teil der Frage: seitens der Eltern haben wir bis jetzt noch keine Reaktionen erhalten – auch keine negativen.

Zu den Personen:

Hilal Iscakar (links) und Marion Müller, Absolventinnen CAS Medienpädagogik

Hilal Iscakar (38; links im Bild) ist Ressortleiterin der Offenen Jugendarbeit Ost der Stadt St.Gallen. Daneben ist sie in der Dienststelle Kinder Jugend Familie der Stadt St.Gallen Verantwortliche für Social Media Präventionsworkshops. Sie besuchte den CAS Medienpädagogik aus folgendem Grund:

«Ich arbeite seit 18 Jahren in der Offenen Jugendarbeit. Ich habe viele Veränderungen beobachten können, wie zurzeit die digitale Revolution in der Lebenswelt der Jugendlichen. Ich kann mich Marion nur anschliessen bzgl. der Kompetenzen die hinsichtlich der digitalen Medien überarbeitet und neu ausgestattet werden müssen. Bereits meine Masterarbeit im Studium habe ich zum Thema ‚Neue Medien in der Offenen Jugendarbeit‘ geschrieben und konnte in meiner Arbeitsstelle Workshops zum Thema mit aufbauen und durchführen. Nun wollte ich eine Weiterbildung zum Thema Medienpädagogik besuchen.»

Marion Müller (29) arbeitet als Sozialpädagogin und Gruppenleiterin im Schulinternat Redlikon (Stiftung Zürcher Kinder- und Jugendheime zkj). Ihre Motivation für den Besuch des CAS Medienpädagogik:

«Bereits während des Studiums habe ich mich für Medienpädagogik interessiert. Meine Bachelorarbeit habe ich über Cybermobbing im Jugendalter geschrieben und in meinem Praktikum, das ich übrigens in der St.Galler Jugendinformation ‚tipp‘ absolviert habe, bin ich praktisch bereits stark mit dem Thema Neue Medien konfrontiert worden. Das Thema ist topaktuell und wird gesellschaftlich sehr kontrovers diskutiert. Ich bemerke grosse Unsicherheiten bei Eltern und Pädagogen. Die Anforderungen haben sich mit der Mediatisierung der Gesellschaft verändert – Kinder und Jugendliche müssen mit neuen Kompetenzen ausgestattet werden. Die Soziale Arbeit darf sich diesem Wandel nicht verschliessen. Gerade in meiner jetzigen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, welche Schul- und Verhaltensschwierigkeiten zeigen, sehe ich Medienkompetenz als neuen Schutzfaktor und Mittel zur Partizipation. Ebenfalls muss meiner Meinung nach Wissen unter den pädagogischen Fachpersonen generiert werden. Und es treten vermehrt medienpädagogische Fragestellungen auf Institutionsebene auf, auf die es professionelle Antworten braucht.»

Wie reagieren, wenn Gefahr in der (Arbeits-) Umgebung droht?

Karl Weilbach beschäftigt sich als Diplom-Kriminologe und forensischer Prognostiker seit nahezu 30 Jahren mit meist schweren Formen zwischenmenschlicher Konflikte, Bedrohungen und Gewalthandlungen bis hin zu Mehrfachtötungen. Zusammen mit dem diplomierten Medienwissenschaftler, Daniele Lenzo, leitet er das Seminar Bedrohungsmanagement an der FHS St.Gallen. Was ist Bedrohungsmanagement überhaupt? Worum geht es? 

Dr. phil. Karl Weilbach

Wie heisst Bedrohungsmanagement?
Karl Weilbach: Das Wort sagt es eigentlich schon: managen von Bedrohungen. Wobei mit «managen» der fachkundige und umsichtige Umgang mit Bedrohungen und die Abwendung von Gewalthandlungen gemeint ist.  Ausgangspunkt für den Eintritt in den Prozess des Bedrohungsmanagements sind meist «mulmige Gefühle». Zunächst kann es sich nur um ein subjektives Unsicherheitsgefühl von Betroffenen handeln, die in einen Konflikt involviert sind und über ihr Irritiert-Sein berichten. Die Betroffenen nehmen meist verbale und nonverbale Gesten und Botschaften bei einer anderen Person war, die mulmige Gefühle oder erste Befürchtungen aufkommen lassen. Diese Ängste gilt es ernst zu nehmen.
Hierauf stellt sich die Frage, ob in einem bestimmten Fall eine bedrohliche Situation oder eine Drohung überhaupt vorliegt. Rechtlich gesehen wäre eine Drohung dann gegeben, wenn jemand durch schwere Drohung in Schrecken oder Angst versetzt wird. Die Drohung ist oft kombiniert mit einem anderen Vergehen gegen die Freiheit, nämlich der Nötigung. Hier wird eine betroffene Person oder Institution in der Handlungsfreiheit beschränkt. Es werden ihr ernstliche Nachteile oder Gewalthandlungen angedroht, damit die Betroffenen etwas Bestimmtes tun, unterlassen oder dulden. Auf einer nächsten Eskalationsstufe können die Betroffenen von Verbrechen gegen Leib und Leben bedroht sein. Im Bedrohungsmanagement wird deshalb immer das Risiko zielgerichteter Gewalt mitgedacht.

Ziel des Bedrohungsmanagements ist, die gewaltnahe Situation einzuschätzen, die Gefahren wahrzunehmen, zu beurteilen und abzuwenden.

Das alles kann aber kaum eine Person alleine bewältigen, oder?
Richtig, den Bedrohungsmanager gibt es nicht. Eine Person alleine kann die wichtigen Elemente des Bedrohungsmanagements nicht wahrnehmen. Ein Selbstimage als Held, als Mann/Frau fürs Grobe oder als SuperhelferIn wäre völlig fehl am Platze.
Bedrohungsmanagement ist Teamwork. Es ist meist eine interdisziplinäre Gruppe, die um angemessene Einschätzungen und Interventionen bemüht ist. Beispielsweise gehören bei der sog. «Workplace-Violence», also der Gewalt am Arbeitsplatz, einem Bedrohungsmanagement-Team meist klar definierte interne Verantwortungsträger einer Firma oder Behörde ebenso an wie externe Fachpersonen, insbesondere aus Psychologie, Forensik, Sozialarbeit und Polizei.
Eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Gewaltentwicklungen durch das sog. Bedrohungsmanagement klar eingedämmt werden, ist die gelingende interdisziplinäre Kooperation und Vernetzung.

Welches sind denn die Haupt-Elemente des Bedrohungsmanagements?
Als Erstes muss man den Konflikt oder die Bedrohung erkennen. Diese Situation muss zweitens richtig beurteilt und eingeschätzt werden; es wird definiert, ob und in welcher Art eine Bedrohung oder eine Gefährdung besteht. Schliesslich muss man die bestehenden Risiken einer erwartbaren zielgerichteten Gewalt entschärfen. Häufig müssen solche Klärungs- und Handlungsprozesse relativ schnell passieren. Das alles erfolgt zumeist durch die Nutzung aller Ressourcen, die eine interdisziplinäre Gruppe bietet. Erfolgt schliesslich eine Intervention und ist fürs Erste eine Gefährdung abgemildert, bedarf es der Aufrechterhaltung des Case Managements. Gerade auch der Beobachtungsrahmen gegenüber dem sogenannten Gefährder muss langfristig gewährleistet sein. Ohne die Anbindung an Instanzen von Kontrolle und Hilfe besteht die Gefahr, dass der Gefährder über kurz oder lang wieder Groll in sich aufbaut und es an anderer Stelle wieder zu Bedrohungen oder zielgerichteter Gewalt kommt.
Ein Ziel des Bedrohungsmanagements sehe ich darin, dass es uns gelingen sollte, Drohungen, Bedrohungslagen und die Gefahr von zielgerichteter Gewalt deutlich zurückzuschrauben. Darüber hinaus sehe ich es als wichtig an, dass wir das Bedrohungsmanagement in ein produktives Konfliktmanagement «zurückführen». Wünschenswert wäre, den (vormaligen) Droher oder Gefährder nach der Interventionsphase wieder in produktive Lösungsprozesse zu integrieren. Wir würden ihn damit wieder am Wert von gesellschaftlicher Partizipation und Mitwirkung teilhaben lassen. Mit Hilfe von Inklusion wäre das Management von Bedrohungen und das Management von Konflikten wohl nachhaltiger, als es rein repressive Massnahmen sein können. In diesem Sinne können auch die Deradikalisierungsprogramme für extremistische Jugendlichen betrachtet werden.

Und in Ihrem Seminar gehen Sie auf diese Kernpunkte des Bedrohungsmanagements ein? Was können die Teilnehmenden konkret aus dem Seminar mitnehmen?
Ja, das Seminar vermittelt den Teilnehmenden mehr Einschätzungssicherheit und grundsätzliche Handlungsmöglichkeiten. Zu beachten ist, dass jeder «Fall» individuell ist. Was beispielsweise gehört noch in den Normalbereich eines Konflikts unter bestimmten Menschen, wo fängt die Grenzüberschreitung an, wo erzeugt der Akteur bewusst Angst, inwiefern gibt es schon eine gewaltnahe Vorgeschichte? Wenn jemand beispielsweise damit droht, dass er mit seiner Waffe vorbeikomme und die Kollegen dann schon sehen würden, was von der Firma noch übrig bleibe, dann könnten wir das zunächst wohl als einen strafrechtlichen Tatbestand betrachten. Andererseits sind es gerade auch die dynamischen Aspekte, die hinter einem solchen Tun stehen und über die weitere Entwicklung des Falles entscheiden: Um welche Persönlichkeit handelt es sich beim Gefährder? Welche Situationen lösen seine Aggressionsbereitschaft? Welche Hemmschwellen baut er ab? Welche Interaktionen und Interventionen können seine Gewaltbereitschaft «triggern»? Wie erfolgt die Risikoeinschätzung, wie lange ist diese gültig bzw. wann muss diese wiederholt werden? Bei wem liegt das Case Management, wer trägt für welchen Bereich Verantwortung – und wie lange? Welche Interventionen und Begleitungen können produktiv, welche kontraproduktiv wirken? Braucht es auch Anstrengungen des gesellschaftlichen Umfelds, die in der Bewältigung des Einzelfalls hilfreich wären? Das sind nur einige Fragen, die darauf hindeuten, in welche dynamischen Prozesse wir uns hineinbegeben, wenn wir ein wirksames Bedrohungsmanagement in Gang setzen wollen. Die Nachhaltigkeit des Bedrohungsmanagements stützt sich letztlich auf höchste Konzentration und auf den «langen Atem», den alle Beteiligten aufbringen müssen.

Wie arbeiten Sie im Seminar? In nur zwei Tagen müssen Sie ja sehr viel Fachwissen vermitteln?
Wir werden gemeinsam Fälle studieren und beispielsweise auch schriftliche Drohungen analysieren. Die Teilnehmenden werden in unseren zwei Seminartagen darin eingeführt, durch die Anwendung von richtigen Fragen und Parametern verschiedene Bedrohungszenarien einzuschätzen. Wir werden verschiedene Aspekte und Anwendungsinstrumente beleuchten: zu Gewalt am Arbeitsplatz, zur Entwicklung von sog. Amoktaten, zur Gewalt im Namen der Ehre oder auch – was der Schwerpunkt meines Kollegen Daniele Lenzo sein wird – in Bezug auf Radikalisierungsprozesse von jugendlichen Extremisten. Mehr dazu erfahren Interessierte im Seminar.

Näheres zu Karl Weilbach und seiner Arbeit finden Sie unter www.bedrohungsmanagement.ch.

«Weiterbildungen sind ein gewähltes Privileg»

Beatus Zumstein (62) ist mehrfacher Weiterbildungsabsolvent. Vier Masterabschlüsse hat er bereits in der Tasche, ein weiterer wird vermutlich dieses Jahr folgen. Was bedeutet ihm dieser Erfolg? Was bringen ihm diese Weiterbildungen? Beatus Zumstein spricht in der FHS-Caféteria «Gleis 8» über seine Motivation für Weiterbildungen.

Beatus Zumstein, was heisst Erfolg für Sie?

Beatus Zumstein, mehrfacher Weiterbildungsabsolvent

Mein erster Gedanke bei Erfolg bezieht sich auf den beruflichen Erfolg. Wenn ich an meinen ersten Masterabschluss, den ich in Management sozialer Dienstleistungen in NGO (Non-Governmental Organization, nichtstaatliche Organisationen) absolvierte, denke, dann hat mir diese Weiterbildung geholfen, meine Aufgabe als Führungsperson erfolgreich zu meistern. Im eher schwierigen Umfeld der Sozialen Arbeit half sie mir, die verschiedenen Aspekte meiner Führungsrolle zu erfüllen. Mein Chef von damals war auch zufrieden mit mir. Diese Würdigung, die über den Lohn hinausgeht, ist mir wichtig.

Was bringt Ihnen dieser Erfolg nebst der Zufriedenheit des Chefs?
Der Erfolg und das Wissen, dass ich nicht nur gerade genüge und die Anforderungen, die an meinen Job gestellt werden, gut erfülle, verschafft mir Luft oder Freiraum. Störungen führen ja sehr oft zu Burnout, Erschöpfung oder Depressionen. Dank den Erkenntnissen aus den Weiterbildungen kann ich mich selber überprüfen. Im schlimmsten Fall macht man trotz viel neuem Wissen alles gleich wie vorher. Ich weiss, dass ich viel dazugelernt habe. Ich handle adäquater, ruhiger und reflektierter als vorher. (Zumstein hält kurz inne und schmunzelt) Und falls ich aus Sicht anderer Personen komisch handle, dann kann ich mein Handeln wenigstens begründen – oder zugeben, dass ich einfach «doof» gehandelt habe.

Welchen Einfluss haben die Weiterbildungen auf Sie als Person?
Gross verändert habe ich mich als Person wohl nicht. Ich habe jedoch gelernt mit Ängsten und Unsicherheiten umzugehen. Vor jedem Lehrgangsstart habe ich Befürchtungen, nicht alles zu verstehen, Prüfungen nicht zu bestehen oder mit den anderen Teilnehmenden nicht klar zu kommen. Beispielsweise fällt es mir inzwischen leichter, mit anderen Personen zusammenzuarbeiten, selbst wenn ich diese nicht unbedingt sympathisch finde. Das hilft mir auch im Berufsalltag im Umgang mit Klienten und Arbeitskolleginnen und -kollegen. Die Weiterbildungen fördern also auch meine Fähigkeiten in der Zusammenarbeit. Und ich habe meine Angst vor Prüfungen überwunden. Mir fehlt für den letzten Abschluss nur noch die Diplomarbeit. Die will ich unbedingt noch machen, sofern mir im Hinblick auf meine Endlichkeit noch genügend Zeit dafür bleibt.

Das hoffe ich sehr, Herr Zumstein. Ich möchte nämlich gerne im Dezember an der Diplomfeier mit Ihnen auf Ihren Erfolg anstossen! Noch eine letzte Frage: Was sagt eigentlich Ihre Familie, dass Sie so oft Weiterbildungen besuchen?
Die habe ich gar nie gefragt (lacht)! Ja, natürlich geht Familienzeit verloren, aber ich hab’s trotzdem einfach gemacht. In ganz jungen Jahren habe ich einmal wegen einer Frau eine Weiterbildung zum Naturarzt abgebrochen. Diese Frau war mir einfach wichtiger als die Weiterbildung. Schlussendlich muss ich sagen…(stockt und lacht)… damals stimmte es so. Für eine Partnerin oder die Familie kann diese Absenz wegen Weiterbildung auch gut sein. Beide Parteien haben Freiraum und sind zufrieden, weil sie etwas machen können, das ihnen gefällt. Zur Ergänzung erwähne ich noch, dass ich meistens nur 80 Prozent gearbeitet habe. Gut, dafür fällt jetzt meine Rente etwas dürftig aus. Aber das ist wohl auch ein Preis für die vielen Weiterbildungen.

Dann sind die Weiterbildungen ein Luxus, den Sie sich geleistet haben?
Ja, das stimmt. Ein gewähltes Privileg.

Vielen Dank, Herr Zumstein, für dieses Gespräch und weiterhin viel Erfolg!

Übrigens, Beatus Zumstein nimmt am Podium des 6. Schweizer Bildungsforum zum Thema «Weiterbildung: lebenslang oder lebenslänglich» teil. Dort wird er noch genauer erläutern, was er von Weiterbildungen hält und warum genau, er immer wieder Weiterbildungen besucht hat. Das Bildungsforum findet am Donnerstag, 30. März im Pfalzkeller St. Gallen statt. Programm und Anmeldung unter www.fhsg.ch/bildungsforum.

Zur Person
Beatus Zumstein (62) arbeitet seit 30 Jahren als Zentrumsleiter im Migrationsbereich, aktuell als Teamleiter im Zentrum für Asylsuchende Landegg in Eggersriet. Dort begleitet er jugendlichen Asylsuchende. Er ist geschieden und hat zwei erwachsene Söhne. Autos interessieren ihn weniger, dafür gönnt er sich Weiterbildungen. Er hat folgende Abschlüsse erlangt:

 

CAS Mediation von SDM-FSM anerkannt

Heute haben uns gute Nachrichten aus Bern erreicht:

mediation_anerkennungDer Schweizerische Dachverband Mediation SDM-FSM hat unseren Lehrgang CAS Mediation, den wir zusammen mit Schloss Hofen, Zentrum für Wissenschaft und Weiterbildung, Lochau (Österreich), durchführen, anerkannt und ihn in das Verzeichnis der anerkannten Lehrgänge des SDM aufgenommen.
Wir freuen uns sehr über diese Anerkennung!

 

Aufmerksamkeit – das höchste Gut

Das Weiterbildungszentrum der FHS St.Gallen (@wbzfhs) lanciert einen neuen Lehrgang, Digital Public Services. Er richtet sich an Medien- und Kommunikationsverantwortliche im Bereich der Public Services. Politik und Verwaltung sind ebenso angesprochen wie Gesundheits-, Kultur- und Sozialbereich.

Eine Projektgruppe aus Expertinnen und Experten hat den Lehrgang in diesem Jahr entwickelt, Feinkonzeption und Lehrgangsleitung gehen nun an Adrienne Fichter (@adfichter) über. Sie ist eine bekannte Grösse und ein sicherer Wert in der Schweizer Medienwelt: als Politologin und Medienexpertin leitet sie den Bereich Neue Medien bei der Neuen Zürcher Zeitung (@nzz). Zudem wird sie ab Januar 2017 für das Ostschweizer Zentrum für Gemeinden der FHS St.Gallen (OZG-FHS) tätig werden. Zurzeit beschäftigt sich die engagierte Wissenschaftlerin und Bloggerin mit einer Buchpublikation im Themenfeld der E-Demokratie.

Mit dem Leiter der Projektgruppe, Reto Eugster (@vorinstanz), sprach Lisa Brunner (@brunner4lisa) über den neuen Zertifikatslehrgang. Reto Eugster ist zurzeit Leiter des Masterprogramms Social Informatics sowie des Weiterbildungszentrums FHS St.Gallen.

«Digital» ist zu einer Art magischer Formel geworden. Mit diesem Label verbunden ist die Erwartung, dass ein gesellschaftlicher Umbruch ansteht. Gilt dies auch für Politik und Verwaltung?

Jeder Bereich der öffentlichen Verwaltung ist inzwischen im Internet anzutreffen. Ein Internet-Engagement ist inzwischen in keiner Weise begründungspflichtig. Es ist eher so, dass sich erklären muss, wer als Steueramt keine Steuerrechner im Web anbietet, wer als Gemeinde soziale Medien meidet usw. Diese Entwicklungen sind selbstverständlich geworden und durchdringen den Alltag. Bürgerinnen und Bürger erwarten von Politik und Verwaltung heute eine aktive Informationspolitik und eine aktivierende Kommunikation.

Nimmt die Akzeptanz für solche Kommunikationsformen zu?

Eindeutig. Das verdeutlichen aktuelle Studien praktisch ausnahmslos. Das Bundesamt für Statistik zeigt mit einer Studie beispielsweise auf, dass der Anteil von Patientinnen und Patienten, die den elektronischen Datenaustausch im medizinischen Behandlungssystem befürworten, im letzten Jahr von 59 auf 66 Prozent gestiegen ist. Wenn selbst in diesem heiklen Bereich eine solche Akzeptanzbewegung stattfindet, hat dies indikatorischen Wert.

Wir werden als Bürgerinnen und Bürger von der Politik also künftig anders angesprochen. Kann man das so sagen?

Wir müssen an einem anderen Punkt beginnen. Demokratie, Bürgerinnen- und Bürgerbeteiligung, gesellschaftliche Partizipation: Dies setzt informierte Akteure voraus.  Doch die Art und Weise, wie wir uns informieren, hat sich in den letzten zehn Jahren drastisch verändert. Wir können zurzeit die Politik dabei beobachten, wie sie sich dieser Entwicklung anpasst bzw. anzupassen versucht.

 Was sind Kennzeichen dieser Entwicklung?

Der «klassische» Journalismus ist offensichtlich geschwächt. Über soziale Medien richten sich Politikerinnen und Politiker häufig direkt an ihr Publikum. Selbstbestätigungsnischen sind im Internet entstanden. Zugespitzt formuliert: wir haben es zunehmend mit einer globalen Produktion von Kommunikationsnischen zu tun. Nicht nur amerikanische Präsidenten, sondern auch Kommunalpolitiker schaffen sich ein eigenes Publikum selbst. Sie liefern ihre News via Twitter oder Messenger direkt an Wählerinnen und Wähler aus. Ihr Ziel ist es, im Alltag der Leute sichtbar zu sein und das schaffen sie, indem sie den Smartphone-Bildschirm erobern.

Was sind Themenschwerpunkte, denen sich der Lehrgang zuwendet?

Beispielsweise geht es darum, wie sich «Öffentlichkeit» zurzeit verändert. Man muss die Logik von Medien verstehen, um die Kommunikationsklaviatur spielen zu können. Zentral ist die Frage: Wie können Aufmerksamkeitsbrennpunkte für konkrete Anliegen gebildet werden? Methoden der Krisen- und Konfliktkommunikation spielen eine wichtige Rolle, ebenso wie technologische und rechtliche Grundlagen. Und, wir haben es hier angesprochen, es geht auch darum, wie sich die Akzeptanz neuer Angebote gezielt verbessern lässt.

Wann startet der Lehrgang zum ersten Mal?

Der Lehrgang wird im Herbst 2017 zum ersten Mal stattfinden.

Reto Eugster, vielen Dank für das Gespräch!

«Kreativ und professionell Veränderungen anpacken»

Claudia Engler ist gerade im Endspurt ihrer Weiterbildung bei uns. Sie absolviert zurzeit den MAS in Management of Social Services und wird voraussichtlich im Dezember ihr Diplom entgegennehmen und auf ihren Erfolg feiern können. Im Gespräch schildert sie, was ihr die Weiterbildung gebracht und wie sie die rund drei Jahre Studium erlebt hat.

claudia-englerClaudia Engler, weshalb haben Sie sich für den MAS in Management of Social Services entschieden?

Claudia Engler: Mich hat die inhaltliche Zusammensetzung der drei Lehrgänge dieses Weiterbildungsmasters sehr angesprochen. Wir beschäftigen uns intensiv mit aktuellen Themen der Sozialpolitik und des Sozialmanagements, aber auch mit allen Aspekten zur Rolle als Führungsperson im Umfeld der Sozialen Arbeit und des Gesundheitswesens. Zudem kam mir wegen meines beruflichen Engagements der zeitliche Spielraum von fünf Jahren entgegen. Ich musste nicht alle Lehrgänge direkt nacheinander besuchen, sondern konnte zwischendurch eine Weiterbildungs-Pause einlegen.

Was hat Ihnen die Weiterbildung für Ihre berufliche Laufbahn gebracht?

Die Weiterbildung hat mir geholfen, mich als Person in meinen Fach- und Persönlich-keitskompetenzen weiterzuentwickeln. Ich traue mir jetzt zu, Veränderungen kreativ und professionell anzugehen. Ich habe mir viel hilfreiches Wissen angeeignet wie beispielsweise zur kognitiven Aktivität, welches im gesellschaftlichen Leben einfliesst und so zur Weiterentwicklung der Gesellschaft beiträgt. Ich kann also die Theorie in meinem Arbeitsfeld als Leiterin des begleiten Wohnen von Erwachsenen mit Behinderungen oder Beeinträchtigungen anwenden.

In Ihrer Masterarbeit befassen Sie sich mit dem Gesundheitsmanagement in einer sozialen Institution. Wieso?

Die Themenwahl meiner Masterarbeit mit dem Titel «Gesundheitsmanagement in einer sozialen Institution – Theorie, Analyse und Handlungsfelder», war für mich naheliegend. Professionelles fachliches Handeln im betrieblichen Gesundheitsmanagement in sozialen Institution wird je länger je wichtiger. Auch in meinem Alltag – privat wie beruflich – begegnet mir das Thema Gesundheit immer wieder: sei dies im Weiterbildungsstudium, in Gesprächen mit Menschen in meinem Arbeitsfeld oder in der Auseinandersetzung mit meinem eigenen Gesundheitsmanagement. Mein Fazit: Gesundheitsmanagement im privaten sowie im beruflichen Kontext macht Sinn und ist für alle ein Gewinn.

Der Unterricht findet ja in der Regel in fixen Klassen statt. Wie haben Sie diesen Klassenverbund empfunden?

Ich schätzte, dass ich dadurch einen Einblick in andere Berufsfelder erhielt und ich mich mit Berufskolleginnen und -kollegen vernetzten konnte. Ausserdem beeindruckten mich die engagierten Dozierenden. Sie konnten mich für ihre Themen begeistern.

Vielen Dank für das Gespräch und toi, toi, toi für den Endspurt bis zum definitiven Abschluss Ihrer Weiterbildung!

Zur Person: Claudia Engler (46) ist im Johanneum Neu St.Johann für das begleitete Wohnen verantwortlich. Parallel dazu ist sie stellvertretende Leiterin der Abteilung Wohnen im Erwachsenenbereich. www.johanneum.ch

Frühe Kindheit – Verständnis für den individuellen Fall

Die Herausforderungen im Arbeitsfeld Frühe Kindheit verlangen nach einer kontinuierlichen Entwicklung spezifischer Kompetenzen. Zentrales Element der Professionalität im Umgang mit kindlichen und familiären Situationen ist das fundierte Verständnis für den individuellen Fall. Der neue Zertifikatslehrgang «CAS Pädagogik der Frühen Kindheit, Fallverstehen als Grundlage der Professionalisierung», den die Pädagogische Hochschule Thurgau in Zusammenarbeit mit der FHS St.Gallen anbietet, greift diese Thematik auf.

Weitere Informationen zum Thema Frühe Kindheit finden Sie auf dem IfsaBlog des Instiuts für Soziale Arbeit der FHS St.Gallen.

 

Redesign des Lehrgangs Mediation

Seit über zwölf Jahren bieten das Landesbildungszentrum Schloss Hofen (nun unter dem organisatorischen Dach der Fachhochschule Vorarlberg) und die FHS St. Gallen einen Lehrgang in Mediation an, der übrigens auch aktuell wieder ausgebucht ist. Der Lehrgang ist Teil des europäischen Masterprogramms Psychosoziale Beratung (MSc und MAS).

Auf Ende Jahr wird der Lehrgang Mediation nun einem Redesign unterzogen. Konzept und Programm werden an neue Entwicklungen angepasst. Verstärkt wird beispielsweise in Organisationen und Unternehmungen nach Modellen gesucht, Konflikte systematisch zu bewältigen. Zudem ist die wissenschaftliche Entwicklung in diesem Bereich in den letzten Jahren stark fortgeschritten.

Um der grossen Nachfrage nach Studienplätzen gerecht werden zu können, soll zwischen den Lehrgängen künftig eine Seminarreihe „Konfliktmanagement“ angeboten werden, die schliesslich an den Lehrgang anrechenbar werden kann.

Aktuelle Ausschreibung: https://www.fhsg.ch/fhs.nsf/de/cas-mediation-kurzbeschrieb

Informationen zum neuen Konzept und Programm folgen im Juni 2016.

Das Passbuch des Grenzgängers

«Wer im Passbuch des Grenzgängers keine Eintragungen hat, steht unter Verdacht, noch gar nichts gewagt zu haben.» (Reinhard Kahl, Filmemacher und Erziehungswissenschafter)

Flughafen Kloten, Terminal 2. Last Call an alle Passagiere des Flugs LX 1664 nach Venedig, sich umgehend im Gate A58 einzufinden. Die Passagiere der «Creative Class» (14 Kaderleute aus der ganzen Schweiz) treffen dort auf zwei Zollbeamte, die sie ins «Passbuch des Grenzgängers» einführen und die «Einreise ins Grenzgebiet des Neuen» mit einem Stempel bestätigen, bevor sie sich auf den «Nachtflug nach Venedig» begeben.

Geschichtenzoll am Aeroporto Marco Polo di Venezia - Bild Andreas Peter

Geschichtenzoll am Aeroporto Marco Polo di Venezia (Fotograf: Andreas Peter)

In Venedig angekommen nimmt die «Reise mit ungewissem Verlauf und Ausgang» ihren Lauf, die Grenzgängerinnen und Grenzgänger beginnen mit Grenzen zu experimentieren, gehen Grenzen entlang, hinterfragen sie oder loten sie aus. Und werden sich bewusst, welche Grenzen sie selber gesetzt haben, wann und wo sie ihre eigenen Zollbeamten sind, die ihnen den Weg versperren.

72 Stunden später, Aeroporto Marco Polo Di Venezia. Die Koffer sind eingecheckt, letzte Einträge im Passbuch gemacht. Zurück im Zwischenland, im «Grenzgebiet des Neuen», fahren die Grenzgänger mit der Rolltreppe direkt auf den Geschichtenzoll zu. Hier kann Neues deklariert und Altes verzollt werden. «Ich lasse den Stolz in mir zu, dass ich einiges an Neuem mitbringe», sagt ein Grenzgänger und freut sich: «Es gibt sie, die Zollbeamten, die mehr Interesse zeigen an meinen Geschichten als an den Waren, die ich mit mir führe.»

Wenig später heben die Passagiere der Creative Class ab, um Distanz zu gewinnen und aus der Vogelperspektive auf die letzten Tage zurückzublicken. Was sie erlebt und ihrem «Passbuch des Grenzgängers» notiert haben, bleibt ihr Geheimnis.

Mark Riklin, Arrangeur